Ich habe bei Face­book eine unser­er Lokalzeitun­gen (Die Wormser Zeitung) abon­niert. Und wie es sich für Zeitun­gen gehört, wird dort nicht nur der wöchentliche Polizeibericht rez­i­tiert, son­dern auch aller­hand poli­tis­che The­men ange­sprochen. Zu den High­lights zählen da immer wieder alle The­men im Zusam­men­hang mit Aus­län­dern oder Toten. Es ist allerd­ings nicht deswe­gen ein High­light, weil dort wahnsinns Artikel aus dem Hut geza­ubert wer­den, son­dern weil sich da im Kom­men­tar­bere­ich bei Face­book wahre Abgründe auftun.

Die Kom­men­tarpalette reicht dann von unge­bildet ras­sis­tisch, über unge­bildet dumm bis hin zu unge­bildet Stammtisch. Dabei mache ich den Leuten keinen Vor­wurf, dass sie keine große Schul­bil­dung genossen haben. Ich mache ihnen auch keinen Vor­wurf, dass sie emo­tion­al anstatt sach­lich reagieren und ich mach ihnen noch nicht ein­mal einen Vor­wurf, dass sie Vorurteile gegenüber Anderen haben. Aber wenn man irgen­deinen Käse als Wahrheit verkauft, obwohl dieser durch 20 Sekun­den Google-Recherche wider­legt wer­den würde, dann ist mir das ein­fach zu blöd.

Hier mal vier aktuellere Fallbeispiele:

“Das Asylantenproblem”

Wie in vie­len Städten auch, wird Worms in den kom­menden Monat­en Zuwachs von Kriegs­flüchtlin­gen erhal­ten. Unter anderem sollen dafür neue Behausun­gen errichtet wer­den. Natür­lich war es da klar, dass es nicht lange dauert, bis die ersten den Unter­gang des Abend­lan­des predi­gen, weil das ja alles soooo viel kostet. Weist man dann darauf hin, dass Hil­fen für Asyl­be­wer­ber nur einen winzig kleinen Bruchteil des Staat­shaushaltes aus­machen, dann wird einem gle­ich die Keule um die Ohren gehauen. Schließlich seien ja nicht genug KiTa-Plätze vorhan­den weil kein Geld da ist, aber für Fremde solle das Geld da sein?!

Ist natür­lich echt scheiße, wenn man sein Kind täglich 20 Minuten bis zur näch­sten KiTa kutsch­ieren muss. Ich kann mir aber dur­chaus vorstellen, dass es noch beschissener ist, wenn man zur näch­sten KiTa durch ein Minen­feld fahren muss. Aber das darf man ja nicht zu laut sagen. Son­st bekommt man gle­ich das “Argu­ment” um die Ohren gehauen, dass man doch die Flüchtlinge bei sich zuhause aufnehmen solle, wenn man so ein gutes Herz hat. Ich meine klar: Ich zahle Steuergelder, damit ich alles selb­st mache?! Ganz sich­er nicht.

Meist dauert es dann nur wenige Minuten, bis ein Neun­malk­luger Leser behauptet, die Asy­lanten seien eh so undankbar. Die liefen den ganzen Tag durch die Stadt und rotzen durch die Gegend, wer­fen ihren Müll irgend­wo hin und pöbeln andere Leute an. Solche Leser müssen echt über Superkärfte ver­fü­gen, wenn sie durch bloßes Hin­se­hen erken­nen kön­nen, ob es sich um einen Asy­lanten oder einen deutschen Staats­bürg­er handelt.

“Der 12-jährige ist selbst schuld”

Auch inter­es­sant wird es, wenn wieder die Hob­bypsy­cholo­gen auf­marschieren. Ver­gan­gene Woche ist ein Kind beim Über­queren ein­er Straße vor ein Auto ger­an­nt und schw­er ver­let­zt wor­den. Dutzende Kom­mentare dreht­en sich darum, wie blöd das Kind sein muss und man mit 12 Jahren wis­sen müsste, wann man eine Straße über­queren kann und wann nicht. Natür­lich war anscheinend auch jed­er Leser live dabei und kon­nte genaue Angaben über den Unfall­her­gang machen, um so fach­lich-fundiert beurteilen zu kön­nen, wer die Schuld an dem Unfall hatte.

“Reisende soll man gehen lassen”

Let­zten Fre­itag kreiste ein Polizei­hub­schrauber über die Stadt, um eine Per­son aus­find­ig zu machen, die ihren Suizid angekündigt hat. Bestes Kom­men­tar dazu “Reisende soll man gehen lassen. Wieso also Steuergelder ver­schwen­den?”. Ich hab der Kom­men­ta­torin dann ange­boten, das Zitat auf ihren Grab­stein zu meißeln, sollte sie mal durch einen Unfall ums Leben kom­men, weil sich ein psy­sisch-Kranker vor ihr Auto gewor­fen hat… Wo kom­men wir denn da hin, wenn wir kranken Men­schen ein­fach die Hil­fe ver­wehren, nur weil sie eventuell selb­st für ihr Lei­den ver­ant­wortlich sind?

“Sor­ry, aber ist uns zu teuer den Krebs zu behan­deln. Hättest halt nicht mit dem Rauchen anfan­gen dürfen!”

“NPD im Stadtrat wird gemobbt”

Eines mein­er Lieblings­the­men ist allerd­ings die NPD. Diese wird min­destens ein Mal im Monat the­ma­tisiert. Nicht zu let­zt deswe­gen, weil wir mit­tler­weile einen NPD-Abge­ord­neten im Stad­trat haben. Mal davon abge­se­hen, dass ich den Abge­ord­neten nicht kenne und auch keine Auskün­fte über seine Ansicht­en geben kann, wird die Diskus­sion über die Vorkomm­nisse im Zusam­men­hang mit der NPD immer dafür sor­gen, dass sehr viele Kom­men­ta­toren Taschen­tüch­er benöti­gen wer­den. Denn es kommt dann wieder die Hex­en­jagd auf die armen NPD Mit­glieder zur Sprache. Dass Mei­n­ungs­frei­heit nicht für Recht­sex­treme gelte. Und das obwohl die NPD die einzige Partei ist, die noch etwas für die Men­schen tut. (Natür­lich sofern man die richtige Haut­farbe hat)

Neulich war es dann so weit, dass der NPD-Abge­ord­nete während der Stad­tratssitzung mehrere größere Anfra­gen stellte. Diese wollte er allerd­ings nicht (wie es üblich ist) schriftlich beant­wortet haben, son­dern direkt vor Ort debat­tieren. Zu diesen äußerst wichti­gen The­men zählte auch der Ukrainekon­flikt und wie man die rus­sis­che Bevölkerung der Stadt vor den Über­grif­f­en der US-Bevölkerung schützen möchte.

Wir sind eine Stadt mit 80.000 Ein­wohn­ern. Hier den Ukrainekon­flikt zu the­ma­tisieren und ein Bedro­hungsszenario zwis­chen US-Bürg­ern und Russen darzustellen, ist ein­fach nur lächer­lich. Trotz­dem über­schlu­gen sich die NPD-Fans wieder im Kom­men­tar­bere­ich des Artikels. Grund dafür war näm­lich, dass fast der gesamte Stad­trat ein­fach die Sitzung ver­lassen hat­te, als der NPD-Abge­ord­nete zu Wort kam und darüber abstim­men lassen wollte, ob man jet­zt eine Debat­te über den schändlichen Angriff­skrieg des West­ens starten sollte. Somit war der Rat nicht mehr beschlussfähig und die NPD guck­te in die Röhre.

Fazit

Das war jet­zt nur ein klein­er Ein­blick von dem, was mich Tag für Tag im Kom­men­tar­bere­ich der Zeitung erwartet. Generell bin ich ein­er der Men­schen, die sich zurück­hal­ten, solange nicht jemand etwas sehr sehr Dummes sagt. Das bedeutet aber im Falle der Wormser Zeitung, dass ich dort lei­der ein regelmäßiger Kom­men­ta­tor bin. Denn ich glaube, dass man Stammtis­ch­parolen nicht kom­men­tar­los ste­hen lassen sollte.