Im ver­gan­genen Jahr hat­ten wir eine Kern­schmelze, eine Ölpest und den Stre­it um die (erhöht­en) Stromkosten beim Wech­sel auf regen­er­a­tive Energiequellen. Bei dieser The­matik wer­den manche Anno-Spiel­er nur gelang­weilt abwinken und einem erzählen, man solle ein­fach die erhöht­en Stromkosten mit dem Han­del von Muni­tion kom­pen­sieren, in den Tech-Laboren die Schmutzwasser­pumpe pro­duzieren und mit dem Ozon­mak­er die Öko-Bilanz der ver­strahlten Insel normalisieren.
In diesem Falle kön­nt ihr ihm ein­fach ein “Die Polkap­pen sind noch nicht geschmolzen” ent­ge­gen­wer­fen — er wird es schon verstehen. 

Nein, ich will euch nicht ver­arschen. Ich habe nochmal über meine bish­eri­gen Tests drübergeschaut und beschlossen, dass ich sie auf den neusten Stand brin­gen möchte. Ange­fan­gen mit dem Anno Test. Den Link zum alten Test+Fazit find­et ihr hier: Link und vielle­icht möchtet ihr mir sagen, welche der Vari­anten (alt oder neu) euch mehr zusagt. Also dann, weit­er im Test:

Mein Favorit: Die grü­nen Eco-Siedlungen
Ich gehe ein­fach mal davon aus, dass jed­er die Anno Rei­he ken­nt. Ihr wisst schon: Inseln besiedeln, Rohstoffe fördern und zu Pro­duk­ten ver­ar­beit­en, die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedi­gen und weit­er die Sied­lung aus­bauen. Han­del, Pro­duk­tion und Krieg führen. Wobei let­zteres in jedem Anno Teil ein Graus ist — das trifft auch auf den aktuellen Teil zu. Anno 2070 spielt rund 60 Jahre in der Zukun­ft, nach­dem die Polkap­pen geschmolzen sind und der Großteil der Erde unter Wass­er ste­ht. Auf der über­fluteten Erde ste­hen sich nun 2 Frak­tio­nen gegenüber. Die wirtschaftlichen aber umweltschädlichen “Tycoons” (for­t­an Amerikan­er genan­nt) und die unwirtschaftlichen naturlieb­haben­den “Ecos” (for­t­an Baum­schmuser genan­nt). Siedelt ihr also als Tycoon auf ein­er Insel verän­dert sich die Farbe der Umwelt meist inner­halb weniger Stun­den von grün in braun. Wer im Ruhrge­bi­et wohnt, ken­nt das sich­er. Siedeln stattdessen die Baum­schmuser, bleibt das grün erhal­ten, aber ihr entwick­elt spätestens nach erre­ichen der 3. Bevölkerungsstufe einen Aggress gegen Win­dräder, die über die ganze Insel ver­streut sind.
Wie ihr seht ist die Öko­bi­lanz das entschei­dende Ele­ment in Anno 2070. Ist die Bilanz gut, pro­duzieren Land­wirtschaftliche Betriebe effizien­ter und die Bevölkerung fühlt sich wohler wodurch die Steuere­in­nah­men steigen. Ist sie schlecht, wird es mit der Nahrungsmit­telver­sorgung eng und die Bevölkerung geht auf die Bar­rikaden. Auf­stände der Bevölkerung sind aber nur bei den Baum­schmusern zu befürcht­en. Die Amerikan­er fühlen sich selt­samer­weise auch in dem größten Dreck­sloch wohl — haupt­sache das Fast-Food stimmt (heißt in Anno 2070 “Fer­tig­nahrung”). Das schwierige an Anno ist somit die Bal­ance zwis­chen Prof­it, einem effizien­ten Wirtschaft­skreis­lauf und ein­er guten Öko­bi­lanz zu find­en. Das ist anfangs noch recht ein­fach, wird aber mit zunehmen­dem Fortschritt immer schwieriger. Deswe­gen ist es für Ein­steiger sehr wichtig mit der Kam­pagne zu begin­nen, um in das Spiel einge­führt zu werden.
Die Kam­pagne ist ganz okay. Haut mich Sto­ry-mäßig jet­zt nicht vom Hock­er, aber ist den­noch alles andere als lieb­los. Hat man die Kam­pagne hin­ter sich gebracht, sollte man sich an den Szenar­ios, dem End­los-Spiel oder dem Welt­geschehen wid­men. Die Mis­sio­nen im Welt­geschehen sind ähn­lich aufge­baut, wie die Szenar­ios. Allerd­ings rieseln beim erfol­gre­ichen Abschluss der Mis­sion Punk­te auf ein Mul­ti­play­er-Punk­tekon­to an dem weltweit alle Anno-Spiel­er beteiligt sind. Je mehr Spiel­er die Mis­sio­nen bewälti­gen, desto schneller wächst das Kon­to an. Erre­icht das Kon­to bes­timmte Werte wer­den Boni, Titel oder andere Inhalte an alle Anno-Spiel­er ver­schenkt. Unendlich Zeit dafür hat man allerd­ings nicht. Die Welt­geschehen sind auf wenige Monate begren­zt. Danach wer­den die Entwick­ler ein neues Welt­geschehen veröffentlichen,
Ab dem Zeit­punkt wird es kom­pliziert: Unterwasser-Siedlungen
das wiederum andere Mis­sion­sziele und andere Beloh­nun­gen bere­i­thält. Dieses Fea­ture ist somit eine Umschrei­bung für einen kosten­losen DLC — sehr löblich.

Nicht so löblichen waren allerd­ings die Ubisoft-Serv­er in den ersten paar Monat­en nach Release des Spiels. Denn die haben alle 2 Tage die Grätsche gemacht und so den Spiel­ern die Mul­ti­play­er­in­halte, welche einen wichti­gen Teil des Spiels darstellen, voren­thal­ten. Als Ubisoft-Mitar­beit­er, der alle 2 Tage auf Face­book posten musste, dass wie­der­mal irgen­det­was nicht funk­tion­iert, wäre ich mir extrem blöd vorgekom­men. Nach unge­fähr einem Monat Anno war das Fremd­schä­men bei mir so groß, dass ich das Spiel kurz­er­hand dein­stal­lieren musste. Jet­zt — 4 Monate später — habe ich mal wieder reingeschaut, und die Serv­er laufen sta­bil. Obs jet­zt daran liegt, dass weniger Leute das Spiel spie­len, oder es die Tech­niker endlich geschafft haben den Marder aus dem Serverzen­trum zu jagen, ist eine Frage, die wir nicht beant­worten kön­nen. Aber die Fragestel­lung ken­nen wir ja von MMO-Releas­es. Die ersten zwei Monate ist der Serv­er am qual­men, und danach lassen sich die Entwick­ler und Pub­lish­er wie Stars feiern, weil sie es endlich geschafft haben, durch Nicht­stun und schlechtem Sup­port die Bevölkerung der Serv­er in soweit zu reduzieren, dass die Belas­tung für die Hard­ware nicht zu groß ist, aber den­noch noch ein paar Abo­nen­nten bleiben. Das ist ein Kun­st­stück, das Anerken­nung verdient.

Haup­tkri­tikpunkt in Anno ist nach wie vor das Mil­itär. Das ist immer­noch abso­lut deplatziert. Man hat zwar auf Boden­trup­pen verzichtet, dafür aber Flugein­heit­en hinzuge­fügt. Trotz­dem merkt man deut­lich, es spielt sich nicht mal ansatzweise so spaßig wie in anderen Strate­giespie­len. Wieso man dann nicht ein­fach auf das Mil­itär verzichtet, ist mir schleier­haft. Immer­hin ist es ein Run­ning-Gag zu sehen, wie die Entwick­ler bei jedem Teil aufs Neue am Mil­itär scheit­ern. Aber: Großes Lob haben sie in der Erweiterung des Endgames bzw. Lategames oder wie auch immer die Gam­ing-Profi-Liga das nen­nen mag. Denn neben den bei­den Frak­tio­nen, gibt es noch eine dritte Frak­tion — die Techs. Durch diese ist es möglich neue Tech­nolo­gien zu erforschen und unter Wass­er zu siedeln, um an kost­bare Rohstoffe wie Dia­man­ten oder Erdöl zu kom­men. Die Techs ste­hen einem allerd­ings erst im späteren Spielver­lauf zur Ver­fü­gung. Das ist dann allerd­ings der Zeit­punkt, an dem das Spiel richtig kom­plex wird. Und das ist auch das, was den Teil von seinen Vorgänger unter­schei­det. Denn diese Kom­plex­ität ist es, die das Spiel richtig gut macht. Vom unver­braucht­en Szenario mal abgesehen.