Spätestens seid Urgesteinen wie Ulti­ma oder neueren Schöp­fun­gen wie Everquest hielt auch das Rol­len­spiel bzw. die Rol­len­spiel­er Einzug in die Videospiel­welt. Wem das The­ma nicht so geläu­fig ist: Rol­len­spiel bedeutet in diesem Fall, dass man so tut, als würde man in seinem gespiel­ten Charak­ter drin steck­en und tat­säch­lich Teil der bespiel­ten Welt sein. Man ist qua­si ein Schaus­piel­er, der ver­sucht seine Rolle möglichst gut zu verkörpern.
Ste­ht also ein Ober­be­fehlshaber in ein­er mit­te­lal­ter­lichen Burg und man selb­st spielt einen Sol­dat­en, sollte man vor ihm stramm ste­hen und salu­tieren, anstatt an ihm vor­beizuge­hen oder mit “Ey Alter, was geht?” zu begrüßen.  Man ver­hält sich also wie die unzäh­li­gen, com­put­erges­teuerten Fig­uren im Spiel und sorgt so für eine stim­mige Atmo­sphäre. Wenn ich diese Prak­tik außer­halb des Inter­nets beschreibe, erhalte ich meist Kopf­schüt­teln und den Hin­weis wie viele geis­tes­gestörte Men­schen es doch gibt als Res­o­nanz. Und das obwohl, dank der wach­senden Pop­u­lar­ität von MMOs, immer mehr Men­schen mit Rol­len­spiel in Berührung kommen.
Ulti­ma Online — eines der ältesten Online RPGs
Die MMOs sind hier das Schlüs­sel­wort. Denn meine Frage ist ja, wieso sich das Rol­len­spiel (in Videospie­len) fast auss­chließlich in MMOs find­en lässt? Wie mit meinem Schaus­piel­er-Beispiel beschrieben, geht es oft darum, Spaß daran zu haben andere zu unter­hal­ten und mit ihnen zu inter­agieren. Wenn nur Com­put­er­fig­uren vorhan­den sind, die den ganzen Tag blöd in der Gegend rum­ste­hen, dann ist das schon mal ein dick­er Minus­punkt. Aber schließlich gibt es ja auch haufen­weise Mul­ti­play­er­spiele, in denen man mit anderen Mit­spiel­ern dur­chaus Rol­len­spiel betreiben könnte.
Bat­tle­field 3 zum Beispiel. Man fährt mit seinem Panz­er zum näch­sten Ver­sorgungs­de­pot und hält ein Pläuschen  mit dem dor­ti­gen Inge­nieur. Man redet über seine Fam­i­lie, wie ihm die Gegend hier so gefällt und über den Kam­er­aden, der let­zte Woche nach hause geschickt wurde, weil er auf eine Mine getreten ist. Denkbar wäre es, inno­v­a­tiv sich­er auch. Allerd­ings ergeben sich einige Nachteile:
1. Die Ziel­gruppe des Spiels, wird wohl kein Inter­esse daran haben, sich auf Rol­len­spiel einzu­lassen. Man möchte Punk­te sam­meln und den Feind bezwin­gen. Wer in der Gegend rum­ste­ht, um etwas RP (Role­play) zu betreiben, wird wohl schnell vom Serv­er gewor­fen wer­den, um für diejeni­gen Platz zu machen, die tat­säch­lich gegen den Geg­n­er Kämpfen wollen, anstatt Smalltalk zu führen.
2. Tech­nisch ist es eben­falls schw­er umset­zbar. Das wichtig­ste Werkzeug eines Rol­len­spiel­ers ist neben sein­er Fan­tasie auch sein Mund bzw. dementsprechend der Chat. In der Regel kann man über den /sagen Chat-Kanal nur mit Leuten kom­mu­nizieren, die unmit­tel­bar in der Nähe ste­hen. So ver­hin­dert man, dass der Chat auf der gesamten Karte über­flutet wird und man vor lauter Text nicht mit­bekommt, was der­jenige ger­ade gesagt hat, der direkt vor einem ste­ht. Comi­car­tige Sprech­blasen sind mit­tler­weile das Opti­mum in MMOs. Mit deren Hil­fe sieht man sofort auf dem Bild­schirm, was der Kerl an der Theke neben einem ger­ade gesagt hat und muss nicht ständig irgendwelchen Chat­box­en folgen.
3. Die Charak­ter­en­twick­lung ist stark eingeschränkt. Man kann zwar seine Klasse und Aus­rüs­tung auswählen, aber wed­er hat man aus­führliche Indi­vid­u­al­isierungsmöglichkeit­en, noch gaukelt einem das Spiel vor, man sei etwas beson­deres. Stattdessen ist man ein­fach nur irgen­dein 08/15 Sol­dat ohne Charak­ter, der sowieso gle­ich ster­ben wird. Diesem Leben einzuhauchen, gestal­tet sich als äußerst schwierig.
Schlechter Zeit­punkt für Rollenspiel
Die oben genan­nten Nachteile ziehen sich durch nahezu jedes nicht MMO(rpg). Wer meint bei League of Leg­ends mit seinen Heilza­uber die Vasallen hochzuheilen, um “die Moral der Vasal­len­armee zu erhöhen”, wird schnell die passenden Kom­mentare im Team­chat lesen. Denn hier ste­ht wie beim Bat­tle­field Beispiel (Punkt 1) das Rol­len­spiel dem eigentlichen Spiel im Wege.
Im Umkehrschluss benötigt man also möglichst viele Mit­spiel­er (man ist ja Schaus­piel­er), einen ruhi­gen Rück­zugspunkt, an dem das Rol­len­spiel nie­man­dem schadet (zum beispiel Städte), die Ziel­gruppe Rol­len­spiel­er, eine dementsprechende tech­nis­che Ausstat­tung und vielfältige Indi­vid­u­al­isierungsmöglichkeit­en. => MMO(rpgs)
Aus­nah­men wie Nev­er­win­terNights gibts natür­lich immer.