Bish­er fast mein Film des Jahres (gle­ich nach Juras­sic World). Die Rede ist von der Agentenfilm-“Parodie” Kings­man, die let­ztes Jahr in die Kinos kam und die ich mir vor eini­gen Tagen ange­se­hen habe. Das Beson­dere daran ist die Tat­sache, dass ich den Film großar­tig fand, obwohl er zahlre­iche Mack­en hat. Das Drehbuch weist Logik­fehler auf. Manche Charak­tere sind zu stark überze­ich­net. Für eine Par­o­die ist der Film zu unlustig, für einen Agen­ten­film zu unser­iös. Aber es macht trotz­dem Spaß ihn anzusehen.

Die Story

Die Geschichte ist wie zu erwarten recht schnell erzählt. Ein trotzköp­figer Jugendlich­er namens Eggsy (Taron Egerton), der außer Vorstrafen zu sam­meln kaum was in seinem Leben erre­icht hat, wird von einem inter­na­tionalen Geheim­di­enst namens Kings­man zu einem Spi­on aus­ge­bildet. Zu ver­danken hat er dies seinem Vater, der vor Jahrzehn­ten einem Offizier der Kings­man das Leben gerettet hat und dabei selb­st ums Leben kam. Dieser Offizier, gespielt von Col­in Firth, ver­sucht nun den Sohn seines ver­stor­be­nen Leben­sret­ters aus Dankbarkeit wieder auf “die richtige Bahn zu brin­gen” und lässt ihn an dem knall­harten Aus­bil­dung­spro­gramm des Geheim­di­en­stes teilnehmen.

Es fol­gen die üblichen Konkuren­zrangeleien unter den Anwärtern, der Auftritt des Ober­bösewicht­es, der einen Großteil der Men­schheit aus­radieren möchte und die für Agent­film üblichen Ver­schwörungsszenen, in denen ver­meintlich gute Charak­tere das Lager wech­seln. Zum Schluss gibts ne Menge Tote, eine gerettete Welt und Anal­sex mit der schwedis­chen Prinzessin. Ken­nt man ja alles aus James Bond Fil­men. Bis auf den Analsex.

Kingsman Colin Firth

Die Kritik

Wenn ich das Wort Par­o­die in den Mund nehme, denke ich gle­ich an Mon­thy Python Filme wie Space­balls. Oder eben “mod­ernere” Filme wie die Scary Movie Rei­he. Ich tue mir allerd­ings ein biss­chen schw­er Kings­man genau dort einzuord­nen. Das hat Vorteile, hat allerd­ings auch Nachteile. Ein Vorteil ist, dass ich die Witze in Scary Movie oder Space­balls so unglaublich flach und kindisch finde, dass ich da eigentlich gar nicht mehr drüber lachen kann. Kings­man ist da schon etwas klüger und niveau­voller. Meis­tens jedenfalls.

Und genau hier kom­men wir zu dem Nachteil: Manche Witze sind eben trotz­dem noch unter der Gürtellinie. Anal­sex als Beloh­nung für eine gerettete Prinzessin, Ober­bösewicht in HipHop­Klam­ot­ten mit mas­siv­en Sprach­fehler, … das wirkt stel­len­weise echt etwas deplaziert. Grund hier­für ist lei­der das Drehbuch. Während ich in Space­balls an jedem Dia­log merke, dass mir ger­ade eine Par­o­die anse­he, ist Kings­man zu 90% der Zeit bier­ernst. Würde ich also 10% des Films rauss­chnei­den, wäre das keine Par­o­die mehr, son­dern ein solid­er Agentenfilm.

Da fiebert man dem Pro­tag­o­nis­ten 30 Minuten lang mit, wird super unter­hal­ten, die Span­nung wird aufge­baut und man krallt sich schon in den Ses­sel fest. Und in der näch­sten Szene tritt der Bösewicht (Samuel L. Jack­son) in Erschei­n­ung und zieht wieder alles kom­plett ins Lächer­liche, wodurch die gesamte Anspan­nung ein­fach ver­pufft. Mir kam der Film so vor als hat­te der Regis­seur zwis­chen­drin immer mal wieder vergessen, dass er ja eigentlich eine Par­o­die drehen wollte.

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Warum ich den Film trotz­dem großar­tig finde, hat wenige, dafür um so wichtigere Gründe:
1. Zum einen ist der Sound­track bzw. die musikalis­che Unter­malung fan­tastisch. Ger­ade das “Theme” geht richtig ins Ohr, wie ich es in let­zter Zeit nur noch sel­ten in Agen­ten­fil­men erlebe.
2. Der Film ist zu keinem Zeit­punkt lang­weilig. Es wird immer wieder in einzel­nen Szenen Span­nung aufge­baut. Auch ohne per­ma­nente Michael Bay Explosionen
3. Wie es sich für richtige Agen­ten­filme gehört, zweifelt man öfter auch an der moralis­chen Ein­stel­lung der Pro­tag­o­nis­ten. Das sind jet­zt keine tief­gründi­gen, philosophis­chen Fra­gen, aber es gibt keine aal­glat­ten Saubermänner.
4. Manche Dialoge und Zitate sind gut durch­dacht. In Zeit­en von Daniel Craig und Jason Bourne ist das echt ne Seltenheit.
5. Das Wichtig­ste zum Schluss: Die Kämpfe. Die zählen, ger­ade weil sie großteils im Nahkampf stat­tfind­en, zu den besten Kampf­szenen, die ich bish­er gese­hen habe. Sie sind cool, sind gut aus­ge­führt, die Schnit­tech­nik der Kam­era ist spitze und nicht zu hek­tisch. Ich finde die Kämpfe sog­ar so gut, dass sie mit den Kampf­szenen aus Kill­Bill und manchem Mar­tial Arts Film den Boden aufwischen.

Let­z­tendlich muss ich allerd­ings sagen, dass der Film wohl echte Geschmack­sache ist. Ger­ade im Hin­blick auch auf die vie­len Neg­a­tivkri­tiken, die sich aber selt­samer­weise oft über Sex­is­mus und Gewalt im Film beschw­eren. Da haben wohl einige noch nie einen James Bond film gesehen.