Die Prob­lematik
Während in der Fil­min­dus­trie schon seit Jahrzehn­ten Antikriegs­filme pro­duziert wer­den — um nicht ein­fach nur ohne moralis­che Aus­sagen Explo­sio­nen, Tote und Feuerge­fechte zu zeigen — beschränkt sich der Bere­ich der Videospiele weit­er­hin auf schwarz-weißes, klis­chee-behaftetes Rumge­baller. Feinde sind entwed­er von Natur aus böse — qua­si wie außerirdis­che Zom­bie-Nazis aus der Hölle — oder müssen ein­fach nur der Spielmechanik wegen, ohne Zögern erschossen wer­den. Der gespielte Charak­ter hat auch dann keine Gewis­sens­bisse, wenn er auf Zivilis­ten, Polizis­ten oder son­stige, nicht bösar­tige Fig­uren feuert. Denn alles was er tut, dient einem höheren Zweck. Sei es die gesamte Erde zu ret­ten, oder zumin­d­est Mil­lio­nen von Toten zu ver­hin­dern, indem er let­ztlich den Ober­bösewicht schnappt.
Zwar leg­en Men­schen auch oft im wirk­lichen Leben eine “Der Zweck heiligt die Mit­tel-Men­tal­ität” an den Tag, jedoch tun sie das meist nicht ohne sich davor oder danach moralisch mit den Auswirkun­gen zu befassen. Auch die Option “Nein” zu sagen oder einen anderen Weg einzuschla­gen, fehlt in den meis­ten Shootern vol­lkom­men. Zwar kann ich nachvol­lziehen, dass aus entwick­lung­stech­nis­chen Grün­den der Charak­ter einen vorgegebe­nen Kurs absolviert, aber für den Verzicht der moralis­chen Kom­po­nente gibt es keine Entschuldigung.
Bat­tle­field 3, oder doch ein Foto aus dem Irakkrieg?
Wieso Let­zteres so wichtig ist, wird an Bat­tle­field und Call of Duty ziem­lich deut­lich. Bei­de Spiele wer­ben mit höch­sten Real­is­mus und ein­er realen Schlacht­feld-Atmo­sphäre. Würde man bei­des etwas nüchtern­er betra­cht­en, kön­nte man sich­er größ­ten­teils auf moralis­che Aus­sagen verzicht­en. Solange aber auf diese Art und Weise die Wer­be­trom­mel gerührt wird, macht es weniger den Anschein, als würde man das Spiel , als vielmehr den Krieg feiern.
Es geht auch anders
Oper­a­tion Flash­point — ist im Hin­blick auf Bat­tle­field oder Call of Duty — eine äußerst real­ität­sna­he Sim­u­la­tion. Aber anders als die Shoot­er Konkur­renz, stellt das Spiel nicht nur das Schlacht­feld, son­dern auch die darin leben­den Men­schen real­is­tisch dar. Und das bedeutet eben, dass nicht nur die Wahl der Waf­fen, oder Art der Tak­tik, son­dern auch Poli­tik und Moral (trotz fik­tivem Krieg) eine entschei­dende Rolle spie­len. Denn während sich die NATO Stre­itkräfte größ­ten­teils von den erfun­de­nen Inseln zurückziehen, macht sich der Haupt­pro­tag­o­nist Gedanken über die Zukun­ft der Ein­heimis­chen und set­zt sich ver­stärkt für eine Zurück­drän­gung der Sow­jetis­chen Inva­soren ein.
Auf Zivilis­ten feuern — in MW 2 kein Problem
Man mag das zwar im Hin­blick auf die aktuellen Krisen in Lybi­en und Syrien, sowie vorherge­hen­den “Human­itären” Kampfein­sätzen etwas dif­feren­ziert sehen, aber immer­hin set­zt sich die Spielfig­ur mit Zweifeln und Gefühlen auseinan­der, anstatt wie ein Zom­bie ein­fach bis zum Abspann alles umzuholzen. Aber hier möchte ich nicht nur auf Shoot­er ein­schla­gen, denn Strate­giespiele behan­deln das The­ma nicht bess­er. Zwar ist die Immer­sion nicht ganz so groß, weil man das Schlacht­feld nur aus weit­er Ferne sieht, aber durch Skript­se­quen­zen, Schwarz-Weiß Feind­bilder und dem in Schutt und Asche leg­en von ganzen Städten, muss sich auch dieses Genre den Vor­wurf gefall­en lassen, sich nur ungenü­gend mit dem The­ma auseinan­der zu setzen.
Einzig und alleine in World in Con­flict kamen mir die Pro­tag­o­nis­ten authen­tisch rüber: Nach­dem eine Atom­bombe über ein­er Stadt abge­wor­fen wurde, um den feindlichen Vor­marsch zu stop­pen, haben sich die Fig­uren im Spiel kri­tisch mit der Sit­u­a­tion auseinan­derge­set­zt und starke Bedenken am Vorge­hen geäußert.
In World in Con­flict spie­len Gefüh­le eine wichtige Rolle
Liebe Entwick­ler
Vielle­icht wäre es jet­zt mal endlich an der Zeit, euren Spie­len einen größeren kul­turellen Mehrw­ert anzueignen. Statt ein­fach nur Klis­chees zu bedi­enen, den Charak­teren eine Seele einzuhauchen. Statt ein­fach nur stu­pides Geballer, aufk­lärerische Arbeit zu leis­ten. Statt ständig nur Hur­ra-Patroitismus, auch mal die Kehr­seite der Medaille zu zeigen. Ja, vielle­icht wäre es mal an der Zeit, etwas gutes für die Gesellschaft zu tun, und die Com­put­er­spiele aus der Ecke der Killer­spiele rauszuholen.