Als ich vor ein paar Tagen den Test zu Sins of a Solar Empire veröffentlichte, hatte ich von Endless Space noch nie etwas gehört. Und wenn ich jetzt in eure fragenden Gesichter schaue, dann ihr vermutlich bis eben auch nicht. Es ist ein klein wenig Schade, dass wir erst jetzt kurz vor der Fertigstellung von dem Spiel erfahren. Wieso das so ist?
Hintergrund zum Spiel
Nun, zum einen, weil das Spiel recht gut ist, zum anderen weil der Entwickler Amplitude einen besonderen Bezug zur Community hat. In Zeiten in denen Spieler durch Crowd Funding entscheiden, welche Spiele entwickelt werden, geht Amplitude noch einen Schritt weiter und lässt Spieler entscheiden, wie das Spiel entwickelt werden soll. Denn im offiziellen Forum zu Spiel werden Umfragen und Vorschläge der Spieler zu jedem Spielinhalt durchgeführt. So können Spieler entscheiden, wie sich der Spielablauf verändern soll, welche Rassen im Spiel enthalten sind, oder wie die Schiffsdesign aussehen sollen. Das ist quasi liquid democracy in der Spielebranche.
Die verschiedenen Rassen
Aber jetzt zum Spiel. Ihr beginnt mit der Auswahl von bisher 5 verschiedenen Rassen. Jede Rasse besitzt nicht nur unterschiedliche Start-Technologien, sondern auch Attribute, Gesinnungen und Boni. Friedfertige Rassen sehen es zum Beispiel nicht gerne, wenn in der Nachbarschaft gewaltige Flotten aufgestellt werden – dadurch verschlechtern sich die Beziehungen zwischen den Pazifisten-Aliens und dem Möchtegern-Feldherren. Menschen sind ebenfalls im Spiel enthalten und sind von der Gesinnung her „Böse“ bzw. „Evil“ (eine deutsche Version gibt es noch nicht). Das mag den ein oder anderen vielleicht etwas wundern, wo sie doch in den meisten Spielen als „gut“ oder zumindest „neutral“ dargestellt werden, anderseits scheinen Menschen hier eher irgendwelchen Weltraum-Nazis gleichzukommen, als friedfertigen Wissenschaftlern. Eine Gemeinsamkeit mit den Pazifisten-Aliens haben sie trotzdem: Beide entwickeln sich auf erdähnlichen Planeten am besten.
Planeten bewirtschaften
Die Planetenvielfalt ist großartig. Es gibt erdähnliche, dschungel, arktische, wüsten, aride, ozeanische, brachländische und vulkanische Planeten, sowie Asteroidenfelder. Jeder dieser Planeten produziert vier Rohstoffe in unterschiedlichen Mengen: Arbeitskraft, „Dust“ (die Währung des Spiels), Wissenschaft und Nahrung. Alte Hasen wissen: Vulkanische Planeten produzieren eine hohe Arbeitskraft, aber dafür kaum Nahrung. Und Letztere ist besonders wichtig, wenn ihr am Expandieren seid, denn je mehr Nahrung ihr auf den Planeten in einem Sonnensystem produziert, um so schneller wächst die Bevölkerung. Das sorgt wiederum dafür, dass die Produktion der anderen Ressourcen erhöht wird.
Neben der Art des Planeten spielen noch weitere Faktoren eine wichtige Rolle. Die Größe des Planeten bestimmt die maximale Bevölkerung. Auf nahen Monden lassen sich Artefakte finden, die dem Planeten Boni geben, oder ihr könnt – sollte mal ein Mond ohne Artefakt ausgestattet sein – die Trabanten bewirtschaften. Außerdem kann man für jeden Planeten eine Ressourcen-Ausrichtung bestimmen. Soll er eher Landwirtschaft betreiben, oder doch lieber die Anzahl der Fabriken erhöhen, um schneller eine Flotte aufstellen zu können?
Die Flotte befehligen
Die Flotten setzen hier übrigens nicht auf Massenschlachten. Zu beginn des Spiels könnt ihr gerademal 7 Schiffe in einer Flotte befehligen. Wer größere Flotten aufstellen möchte, muss das zuerst in einem der 4 Forschungsbäume erforschen. Bei den Bäumen gibt es einen Schwerpunkt auf Waffentechnologie, Zukunftstechnologie , Verwaltung und Raumfahrt. Allerdings werdet ihr nicht darum kommen, ein bisschen etwas von allen Bäumen zu erforschen. Denn Verwaltung ist nötig, um Verträge mit anderen Rassen abzuschließen. Ohne Zukunftstechnologie bekommt ihr Engpässe in der Wirtschaft und die Waffentechnologie nützt euch später recht wenig, wenn ihr die dafür erforderlichen Schiffstypen über den Raumfahrt-Baum nicht erforscht habt.
Die Schiffstypen spielen eine recht wichtige Rolle. Da jeder Typ besondere Boni mit sich bringt. Kleinere Fregatten eignen sich gut für Überraschungsangriffe (wegen der Schnelligkeit), Schlachtschiffe hingegen haben ein großes Repertoire an Verteidigungssystemen. Die Schiffe lassen sich in einem Editor jederzeit selbst bearbeiten. Wer mehr wert auf Feuerkraft legt, schraubt die Anzahl an Panzerungshüllen eines Schiffs einfach runter und setzt stattdessen noch neue Raketenbuchten ein. Dabei besitzt jedes Schiff allerdings nur ein bestimmtes Maximalgewicht. Ihr solltet es mit den Raketenbuchten also nicht übertreiben.
Anders als Sins of a Solar Empire findet das Spielgeschehen allerdings nicht in Echtzeit statt, sondern ist , ganz oldschool, ein Rundenstrategiespiel. Die Schlachten besitzen hierbei allerdings eine Sonderrolle: Nachdem zwei Flotten aufeinandergetroffen sind, habt ihr die Auswahl zwischen einem automatischen oder einen manuellen Kampf. Wählt ihr die manuelle Variante fliegen eure Schiffe eigenständig auf die feindliche Flotte zu. Ihr habt dabei nur die Auswahl der Taktik, die eure Flotte anwenden soll, festzulegen. Dabei gibt es 3 Phasen (Hohe Reichweite, mittlere Reichweite, Nahkampf), wobei ihr für jede Phase eine eigene Taktik festlegen könnt. Die Taktiken beschränken sich aber nicht auf einfaches „Angreifen“, „Verteidigen“, etc. sondern geben euch bestimmte Boni mit Vor- und Nachteilen. Ihr könnt beispielsweise der Flotte befehlen Vollgas zu geben, wobei sie durch Projektile weniger Schaden erhält, dafür selbst aber schlechter trifft. Oder aber ihr gebt euren Schiffen den Befehl zur Überhitzung der Waffen, was den Schaden erhöht, aber auch die Verteidigung senkt. Wie das ganze im Spiel aussieht, könnt ihr hier in meinem Video sehen:
Welche Taktiken euch zur Verfügung stehen hängt davon ab, welche Taktiken ihr bereits erforscht habt, und ob ihr einen Admiral in eurer Flotte habt. Denn ähnlich wie damals in Master of Orion könnt ihr Helden rekrutieren und diese entweder als Verwalter eines Sonnensystems einsetzen, oder als Admiral einer Flotte. Dabei bringt jeder Held bestimmte Eigenschaften mit sich, die der Flotte oder dem entsprechenden Sonnensystem dienlich sind. Alle paar Runden steigt der Held im Level auf und ihr entscheidet, welche Eigenschaften des Helden verbessert werden sollten. Setzt ihr ihn also als Admiral eurer Flotte ein, ist es wohl sinnvoll seine Offensivfertigkeiten zu verbessern, statt ihm beizubringen, wie er die Wissenschaft ankurbelt.
Schlusswort
Das Spiel kommt dem Genrekönigen wie Master of Orion 2 oder Galactic Civilizations recht nahe. Die Grafik ist top, spielerisch gesehen macht das Spiel besonders in den Anfangsphasen recht viel Spaß. Allerdings vermisse ich auch hier schmerzhaft eine Kampagne. Ein Editor zur Erstellung einer eigenen Rasse fehlt mir ebenfalls. Und – für mich besonders schlimm – Großkampfschiffe (Dreadnoughts) wirken alles andere als pompös. Das Schiffsdesign hätte definitiv eine Überarbeitung nötig. Schön wäre es auch, wenn das Kampfsystem etwas ausgebaut werden würde. Mehr Taktiken, stärkeres Schere, Stein, Papier Prinzip. Nichts desto trotz ist Endless Space mein Weltraum-RTS-Highlight der letzten Jahre.
Die ersten paar Stunden in Endless Space
Die erste Stunde
Die Saga beginnt eigentlich mit dem Steam Werbepopup, welches mir Endless Space für 22 Euro präsentiert. Nach etwas Recherche finde ich heraus, dass das Spiel in der Alpha Version zum Download für Vorbesteller bereitliegt. Grafisch sagt es mir zu, auch wenn ich nach der Sins of a Solar Empire-Enttäuschung etwas vorsichtiger bin. Nach einem Download von ein paar Gigabyte bin ich gut 20 Minuten später im Spiel. Ich passe die Grafikeinstellungen an und klicke mich etwas durch die Menüs. Der Mehrspielermodus steht in der Alpha bisher nicht zur Verfügung. Eine Kampagne oder Tutorial konnte ich auch nicht entdecken. Also suchte ich mir eine kleine Karte mit 16 Sternen und eine passende Rasse. Meine Wahl fällt wie fast immer auf die Menschen. Mit intergalaktischen Sauriern oder dem typischen „Grey“-Verschnitt konnte ich noch nie etwas anfangen. Wobei – kennt einer von euch noch die Comic-Serie Dinosaucers?
Wie dem auch sei, nach meinem kleinen Optionsmenü-Studium bin ich bereits im Spiel und sehe meinen Heimatplaneten im Zentrum des Bildschirm. Bevor ich allerdings noch den ersten Handstreich durchführen kann bedeckt ein gewaltiges Popup meinen Bildschirm – das Tutorial. Auch wenn ich hier eine kleine Sprachausgabe vermisst habe, ist das Tutorial anschaulich mit Bildern ausgeschmückt. Fortan bekomme ich bei jeder neuen Aktion, die ich im Spiel ausführe, eine neue, dazu passende Tutorialseite präsentiert. Nach gut 20 Minuten habe ich alle Seiten durch und das Spiel halbwegs verstanden.
Die zweite Stunde
Ich bin noch recht ahnunglos, welche Taktik ich anwenden sollte. Vor allem auch deswegen, weil ich keine Ahnung habe, wie meine KI Gegner so drauf sind. Sind sie eher aggressiv oder passiv? Mittlerweile habe ich auch ein Scout-Schiff produziert und schicke es auf Erkundungstour. Ärgerlich fand ich die Tatsache, dass eine Funktion wie „automatisch erkunden“ gänzlich fehlt. So muss ich also das kleine Schiff in jeder Runde an die Hand nehmen und durch die Galaxis führen. Nach 5 Minuten der erste Kontakt. Wie sich aber kurz darauf feststellen lies, handelte es sich dabei nicht um eine der anderen Rasse, sondern Weltraumpiraten. Noch bevor feststellen konnte, ob mein Scout bewaffnet war, befand ich mich schon im Kampf. Die gute Nachricht: Das Scout Schiff war bewaffnet. Die schlechte Nachricht: Leider nicht bewaffnet genug. Nach 3 Salven konnte ich die erste imposante Explosion am Bildschirm genießen. Wieder zurück im Galaxiebildschirm, habe ich mich dazu entschlossen ein neues Scout Schiff zu produzieren und gleichzeitig noch einige Fregatten in Auftrag zu geben.
Während mein Scout 10 Minuten später endlich eine neue Rasse entdeckt hatte, haben meine Fregatten mit den Piraten kurzen Prozess gemacht. Aufgrund der Größe meiner mittlerweile beachtlichen Flotte, waren mir die Aliens allerdings weniger wohlgesonnen. Unsere Beziehung befanden sich in einem Kalter Krieg Zustand. Nachdem ich allerdings damit begonnen hatte mit meinen Nachbarn Technologien auszutauschen, verbesserte sich unser Verhältnis stündlich. Nicht verbessert hatte sich allerdings mein Verhältnis zu den Piraten, die mit zunehmender Rundenzahl an Agressivität und Ausstattung zunahmen. Nach gut 3 Stunden und über 100 Runden, machten sie selbst nichteinmal halt davor meine neuen Kolonien zu belagern. Erst mit einer größeren Kreuzer-Flotte konnte ich meine Kolonien wieder befreien und die Piraten in die Flucht schlagen.
3. – 5. Stunde
In diesen Stunden befand ich mich bei normaler Spieldauer und Newbie-Schwierigkeitsgrad im Endgame. Die meisten Technologien waren erforscht, die Nachbarschaft schon kennengelernt und gut 6 Sonnensysteme waren unter meinen Fittichen. Vielleicht lag es am Schwierigkeitsgrad, aber nach einer Weile wurde es doch recht anspruchslos. Mittlerweile gingen weit über 100 Piratenschiffe auf das Konto meiner Schlachtschiff-Flotte. Kein Kontrahent hatte sich getraut gegen mich vorzugehen und die Sonnensysteme waren fast vollständig ausgebaut. Ich saß die meiste Zeit nur da und wartete darauf eine neue Technologie zu erforschen und irgendwann den Forschungssieg davon zu tragen. Öde. Also loggte ich aus, und versuchte mich an einer anderen Rasse…
Meinung: Spieler mitentwickeln lassen
Wie bereits am Beginn des Tests angesprochen, ist Amplitude eines der wenigen Studios, die den Spieler direkt bei der Erschaffung ihres Spiels Endless Space miteinbeziehen. Sie befragen Spieler während ihrer Alpha Version nicht nur zu bestimmten Designentscheidungen, wie das andere Entwickler besonders im MMO-Bereich auch tun, sondern lassen diesen die Entscheidung über komplette Designelemente. Wie sollen die Schiffe der Fraktion X aussehen. Wie sollen die Weltraumpiraten agieren? Welche Siegesbedingungen soll es geben? Amplitude setzt hierbei nur einen Rahmen, den Spieler dann mit Inhalten füllen. Das macht die gesamte Entwicklung des Spiels zu etwas Besonderem. Weil es nicht fernab, in irgendwelchen dunklen Räumen seine Konturen erhält, sondern direkt in der Öffentlichkeit – und auch von dieser geprägt wird.
Das hat natürlich zahlreiche Vorteile. Denn durch das Einbinden der Community sammelt man als Entwickler ordentlich Pluspunkte. Man macht den Entwicklungsprozess transparent und dadurch interessant. Endless Space hat natürlich schon auf dem Papier einige Vorteile zu bieten. Einerseits ist es durch das Genre (Weltraum-Strategie) ein Nischenprodukt – was wie gewohnt eine zwar kleine, aber dafür unglaublich engagierte und feste Fanbase liefert. Zum anderen orientiert es sich stark an den Vorbildern unserer Kindheit wie Master of Orion, wodurch es natürlich zusätzliche Käufer abgreift. Erst recht dann, wenn das Spiel für unter 30 Euro erhältlich ist.
Nun sitzen nicht wenige Entwickler an diesem Projekt, sondern hunderte Fans, die gemeinsam ein eigenes Spiel nach ihren Vorstellungen erschaffen. Dadurch ist es kein Hexenwerk mehr, ein Produkt für eine bestimmte Zielgruppe zu erstellen – da die Zielgruppe selbst ja das Produkt selbst (mit)entworfen hat. Dieses Konzept ruft natürlich auch in erster Linie die Presse und dadurch auch neue Sponsoren auf den Plan. Anschließender Vertrieb über Großplatformen wie Steam und schon brauch man sich finanziell keine Sorgen mehr zu machen. Aber ich möchte gar nicht so sehr auf die finanziellen Aspekte eingehen. Denn viel wichtiger ist mir der Ruf, den das Studio durch dieses Entwicklungskonzept erhält.
Derzeit sind es nämlich besonders die Indie-Spiele, die einen hervorragenden Ruf genießen. Innovationen, keine bis gar keinen Kopierschutz, faire Preise, kein Alway-Online Zwang und kein dicker Stempel von EA oder Activision auf dem Cover. Das macht viele Gesichter glücklich und Indie-Entwickler werden zu coolen Säuen. Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen. Was passiert wenn die Spieler merken, dass manche Indie-Entwickler nur mittelmäßige Spiele produzieren, oder schlimmer noch: von EA aufgekauft werden? Die euphorische Ressonanz die die Indie-Szene heutzutage erhält, wird früher oder später mit zunehmender Konkurrenz und dem abnehmen der Rosaroten-Brille der Spielerschaft abgeschwächt werden.
Wie sieht es mit dem Spielerprodukt aus? Manch einer hat bei „Miteinbeziehung der Spieler“ automatisch einen faden Beigeschmack. Grund dafür sind nicht die kleineren Indie-Titel die dadurch entstehen, sondern die wirklich großen Titel mit 1 mio Verkäufe aufwärts. Denn auch hier, hat die Community Einfluss auf das Endprodukt. Casualisierung ist dann eines der wichtigsten Schlagworte. Man mag das Spiel auf eine möglichst große Zielgruppe zuschneiden und vereinfacht es deswegen, damit auch unerfahrene Spieler in der Lage sind das Spiel zu meistern. Das betrifft allerdings nicht nur den Schwierigkeitsgrad, sondern auch das Aussehen des Spiels. Ein Spiel mit einer „gewöhnungsbedürftigen Grafik“ wie beispielsweise Limbo wären so kaum denkbar. Eine bunte Comicgrafik und/oder Knackärsche und Titten – das sind Dinge die die Mehrheit an den Monitor locken. Und lässt man diese Mehrheit das Spiel produzieren, dann sieht es auch dementsprechend aus.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Balancing in Spielen mit Wettbewerbs-Fokus. Natürlich möchten viele Spieler (wenn auch unterbewusst), dass ihre Klasse, ihre Rasse oder ihr Charakter möglichst stark ist. Daraus ergibt sich dann, dass sie an die Entwickler herantreten und fordern, dass ihr Liebling dahingehend geändert wird. Verliert man also mit seinem Hexenmeister häufiger gegen Schurken, müssen sich nur genug Leute ins Entwicklerforum stellen und sich offenkundig darüber beschweren. Die Folge ist dann, dass entweder der Schurke abgeschwächt wird, oder der Hexenmeister verstärkt – WoW Spieler können ein Lied davon singen. Funktioniert der Miteinbezug der Community also nur bei kleineren Titeln? Wie ist eure Meinung dazu?
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