Die meis­ten Mag­a­zine sind ja recht flott, was Tes­turteile anbe­langt. Kaum ist ein Spiel auf dem Markt, lässt sich der Test sofort bei ein­schlägi­gen Mag­a­zi­nen nach­le­sen. Bedenkt man, dass ein Spiel durch­schnit­tlich nach 20 Stun­den durchge­spielt ist, sind diese Blitztests auch nicht ver­wun­der­lich. Aus­nah­men sind hier neben eini­gen Rol­len­spie­len sicher­lich die MMOs. Mit 20 Stun­den hat man hier meist ger­ade ein­mal an der Ober­fläche gekratzt. 

Allerd­ings kom­men hier den Testern 2 Dinge zugute: 

1. Hat man meist in Betas genug Zeit das Spiel auf Herz und Nieren zu prüfen. Alleine Guild Wars 2 kon­nte ich so, trotz Begren­zung auf Events mit­tler­weile über 50 Stun­den testen.
2. Spie­len sich MMOs recht ähn­lich und äußerst sim­pel. Die Abläufe sind ein­fach und über­sichtlich, das Spiel an sich besitzt eine geringe Tiefe und eine geringe Bre­ite.
Mit anderen Worten, man hat schnell alles gese­hen und alles ver­standen. Aber auch hier gibt es Aus­nah­men: Die soge­nan­nten Sandboxspiele. 

Sand­boxspiele sind meist rel­a­tiv kom­plex, da sich der Spiel­er nicht auf von Entwick­lern vorgegebe­nen Schienen aufhält, son­dern stark mit sein­er Umwelt und den anderen Spiel­ern inter­agiert. Um eine solche Inter­ak­tion erst zu ermöglichen, müssen bes­timmte, recht offene Sys­teme ins Spiel imple­men­tiert wer­den, deren Gren­zen nach Möglichkeit nicht von Entwick­lern, son­dern von Spiel­ern selb­st fest­gelegt werden. 

Die spieler­be­triebene Wirtschaft 

Ein Beispiel dafür ist eine von Spiel­ern betriebene Wirtschaft. Der ein oder andere mag sich jet­zt Fra­gen welch­es MMO denn keine von Spiel­ern betriebene Wirtschaft besitzt. Immer­hin kann man auch in WoW oder Herr der Ringe Online Gegen­stände in den Auk­tion­shäusern verkaufen. Schaut man sich die dor­tige Wirtschaft allerd­ings etwas genauer an,

WoW Auk­tion­shaus (mit Addon Interface)

dann fällt schnell auf, dass fast nur Ressourcen und die daraus entste­hen­den Pro­duk­te durch den Spiel­er in den Wirtschaft­skreis­lauf gebracht wer­den. Diese Pro­duk­te machen aber nur einen gerin­gen Teil der Ingame-Gegen­stände aus. Ger­ade die wertvoll­sten Dinge wie sel­tene Reit­tiere, leg­endäre Aus­rüs­tung und andere beson­dere Gegen­stände sind nicht! han­del­bar und sind somit nicht im Wirtschaft­skreis­lauf vorhan­den. Denkt man an die Zeit­en zurück, als man noch fleißig Marken gesam­melt hat­te, oder stun­den­lang auf irgendwelche Boss­geg­n­er eingeschla­gen hat­te, dann stellt man zwangsweise fest, dass die han­del­baren Gegen­stände besten­falls für die Lev­el­phase geeignet waren. Die wertvoll­sten Gegen­stände waren beim Aufheben gebun­den. „Beim Aufheben gebun­den“ ist allerd­ings der Tod für jede spiele­be­triebene Wirtschaft. 

Schauen wir uns eines von WoWs jüng­sten Schwest­er­pro­duk­ten an: Dia­blo 3. 

Dia­blo 3 — Auktionshaus

Man hat­te sich bei Bliz­zard im Laufe der Entwick­lung nicht nur dafür entsch­ieden auf „beim Aufheben gebun­den“ zu verzicht­en, son­dern auch auf das „beim Aus­rüsten gebun­den“ welch­es die Gegen­stände erst bei Benutzung aus dem Wirtschaft­skreis­lauf gezo­gen hätte. Das heißt: Alle Gegen­stände sind han­del­bar und haben auch einen ingame-wirtschaftlichen Gegen­wert. Aber auch Dia­blo 3 besitzt keine echte, spieler­be­triebene Wirtschaft. Grund dafür ist die Art und Weise wie dor­tige Gegen­stände entste­hen. Denn diese wer­den nicht von Spiel­ern pro­duziert, die ver­suchen den Bedarf des Mark­tes zu deck­en, son­dern wer­den durch ein Zufall­sprinzip als Beute erschaf­fen. In welchen Rhyth­mus diese erschaf­fen wer­den, wird von den Entwick­lern und nicht von den Spiel­ern vorgegeben. Somit greift Bliz­zard mas­siv in die Wirtschaft des Spiels ein. Erhöhen sie die Wahrschein­lichkeit, dass ein bes­timmter Gegen­stand oder eine bes­timmte Gegen­stands­gruppe von einem Geg­n­er fall­en gelassen wird, steigt auch das Ange­bot im Auk­tion­shaus und der Preis fällt. 

Das wäre weniger tragisch, wenn die Gegen­stände nicht zufalls­gener­iert vom Spiel erschaf­fen wer­den wür­den — also wenn Spiel­er in der Lage wären auf die Nach­frage am Markt zu reagieren, indem sie gezielt einen bes­timmten Gegen­stand erhal­ten kön­nten. Zum Beispiel durch das Besiegen eines bes­timmten Boss­es, durch die handw­erk­liche Her­stel­lung oder durch die Erfül­lung ein­er bes­timmten Quest. Das lässt Bliz­zard allerd­ings nicht zu, um den Tausche- & Sam­meltrieb der Spiel­er nicht zu gefährden. Fol­glich sind sie die einzi­gen, die den Preis­rah­men vorbes­tim­men die Entwick­ler selbst. 

Um eine spieler­be­triebene Wirtschaft zu erschaf­fen, soll­ten also die Gegen­stände weitest­ge­hend von Spiel­ern selb­st erschaf­fen wer­den kön­nen und auch ohne Ein­schränkun­gen han­del­bar sein. Ein Ein­greifen der Entwick­ler (z.B. bei Betrug oder Mark­t­ma­nip­u­la­tio­nen) sollte aber auch hier möglich sein. Schließlich machen Finanzkrisen keinen Spaß.