Was passiert, wenn man rein gar nichts erwartet, sich während des Downloads fragt, ob man wirklich die 20 GB investieren sollte, oder stattdessen einfach die Beta Einladung ablehnt? Wenn man dann das Spiel startet und statt gar nichts, immerhin ein bisschen was geboten bekommt? Tja, dann bekommt man ein Spiel, das ganz okay ist, aber trotz super Setting leider keine 40 Euro wert ist.
Aber mal Hand aufs Herz, die ganzen Drachen, Schwerter und Elfen hängen einem doch schon wirklich zu den Ohren raus. Die MMOs bzw. RPGs welche in der modernen Welt spielen, kann man an einer Hand abzählen. Von daher war das erste Konzept Funcoms eine gute Idee. Die heutige Welt, in der 3 verschiedene Geheimbünde um Macht kämpfen und dabei von den Weltregierung vertuschte Katastrophen verhindern und Monster beseitigen. Bereits im Charaktereditor merkt man, dass The Secret World irgendwie alles ein klein wenig anders macht. Statt Charaktere in Kampfmontur zu präsentieren, tragen die Spieler ganz normale Straßenkleidung. Sneakers, ein paar Baggy-Hosen und ein kariertes Hemd.
Betritt man die Spielwelt und hat man sich für einen Geheimbund entschieden, landet man nach einer kurzen Cutscene automatisch in der Stadt in der das Hauptquartier der entsprechenden Geheimorganisation liegt. Ich hatte mich für die Illuminaten entschieden und landete in New York direkt unter der Brooklyn Bridge. Dort erhält man ein kleines Tutorial, führt erste Gespräche und wird zum Hauptquartier der Illuminaten gelotst. Bereits in diesen 20 Minuten erhält man Einblicke in Vor- und Nachteile des Spiels, die sich zumindest die nächsten 20 Stunden weiter durch das Spiel ziehen werden.
Die Objekte und Charaktere sind recht detailreich, stehen aber absolut steril in der Gegend rum. Ganz katastrophal sind hier Innenräume zu beschreiben, die eher aussehen als hätte ein Amateur etwas mit einem Level Editor aus den späten 90ern experimentiert – wer das Iluminatenhauptquartier gesehen hat, weiß wovon ich spreche. Der Geschichtsverlauf bzw. die Story mag zwar nicht von Logikfehlern strotzen, kommt aber sowas von an den Haaren herbeigezogen rüber, dass aufgrund dessen und der Sterilität der Umgebung kaum Atmosphäre aufkommt. Hervorragend allerdings sind die Gespräche mit NPCs. Auch wenn ich Antwortmöglichkeiten meines Charakters vermisse, sind die Gestiken und Mimiken (bis auf ein paar Aussetzer) zusammen mit den Sprechern und den eingebauten Cutscenes so hervorragend geworden, dass sich Bioware daran eine riesen Scheibe abschneiden kann.
Aber wie gesagt vermisst man deutlich, dass sich der eigene Charakter niemals zu Wort meldet. Man spricht also NPCs an, die dann ihr Band abspielen und teilweise 3 minütige Monologe führen. Das ist schon stark demotivierend in einem Rollenspiel und sorgt zusätzlich für Punktabzug in Sachen Atmosphäre. Wie ihr seht lege ich hier viel Wert auf die Atmosphäre. Warum ich das mache hat einen traurigen Grund: Das Spiel hat leider nichts anderes vorzuweisen. Animationen und Effekte sind Durchschnitt, Kampfsystem trotz aktivem Ausweichem und freiem Talent- bzw. Klassenbaum zu austauschbar und unübersichtlich. Ich habe mich für das Maschinengewehr entschieden und dementsprechend einen Schützen gespielt. Nach 10 Stunden Spielzeit hatte ich bereits einige Fertigkeiten für mein Gewehr freigeschalten. Die Unterschiede zwischen den Angriffen waren sowohl äußerlich als auch spielerisch kaum voneinander zu unterschieden. Gewehrsalve 1, Gewehrsalve 2, kurze Gewehrsalve, lange Gewehrsalve, etc.
So atmosphärisch wie hier auf dem Bild, wurde es im Spiel leider nirgends. |
Die Quests waren eigentlich ganz okay. Dort hatte ich das ein oder andere mal das Gefühl, dass man sich wirklich Mühe gegeben hat. So musste ich eine Barrikade gegen angreifende Zombies verteidigen, vermisste Personen suchen oder Hinweisen nachgehen und einen Bericht an das Hauptquartier versenden. Auch gut gefallen hat mir eine Aufgabe, bei der ich den Code einer Kassette herausfinden musste. Ich bin dabei mehreren Hinweisen nachgegangen und habe dann erfahren, dass der 4-stellige Code die Seite des ersten Liedes in der nahegelegenen Kirche ist. Also betrat ich die Kirche und schaute auf die Tafel auf der die Seiten des Gesangbuchs markiert waren, um den Code zu finden – nette Idee.
Leider befanden sich allerdings auch zahlreiche „Bring einfach alle Gegnersorten um, die irgendwo gelangweilt herumstehen“ Quests im ersten Abschnitt. Diese machten sogar leider den größten Teil der Spielzeit aus und wurden dank des teilweise recht hohen Schwierigkeitsgrades zur echten Fleißaufgabe.
Wen das allerdings nicht abschreckt und wer einfach mal für einen Monat ein anderes und düstereres Setting erleben möchte, der kann gerne mal vorbeischauen, sollte aber immer im Hinterkopf behalten, dass das Spiel spielerisch nicht ganz soviel hermacht. Zumindest in den ersten 20 Stunden.
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