Für mein erstes Inter­view zu mein­er Ini­tia­tive “ein biss­chen öfter was mit anderen Blog­gern machen”, stellte sich fre­undlicher­weise der gute Rober­to von Polygonien.de zur Ver­fü­gung. Das freut mich beson­ders auch deswe­gen, weil er  zu den ersten Blog­gern gezählt hat, welche ich damals bei Beginn meines Hob­bies ken­nen­gel­ernt habe. Das ist also was ganz Beson­deres für mich *hihi*. Aber natür­lich wer­den noch weit­ere Blog­ger fol­gen! Jet­zt viel Spaß beim Interview 🙂

PS. meine Fra­gen sind natür­lich die fettgedruckten.

Polygonien.de

 Wenn man deinen Blog über­fliegt, stellt man ja recht schnell fest, dass du eher der Indie-Spiel­er bist. Woran liegt das? Lang­weilen dich denn große Titel? Oder spielst du sie trotz­dem nebenbei?

Ich bin großer Indie-Fan, keine Frage, aber es ist auch so, dass ich regelmäßig größere Titel aus dem Main­stream bzw. AAA-Bere­ich spiele. Ich samm­le seit mein­er Jugend Videospiele und habe inzwis­chen weit über tausend „große“ Titel von der ersten Playsta­tion über Segas Dream­cast bis hin zur Xbox 360 daheim. In der Regel nehme ich mir nur nicht die Zeit, um diese Titel auch auf meinem Blog zu the­ma­tisieren. Die Indies kön­nen die Aufmerk­samkeit viel eher brauchen und zu den meis­ten AAA-Games wurde im Netz ja sowieso schon alles gesagt. Hin und wieder habe ich auch Lust, solche Titel zu besprechen, aber ich brauche unfass­bar lange für meine Artikel und da muss ich eben Kom­pro­misse machen.

Außer­dem ist die the­ma­tis­che Band­bre­ite bei den Indies ein­fach viel größer. Ich weiß einen gut gemacht­en Titel mit mil­lio­nen­schw­erem Bud­get abso­lut zu schätzen, aber wenn man immer nur diese Titel spielt (so wie ich es lange Zeit getan habe), dann stellt sich eben irgend­wann ein Gefühl der Sät­ti­gung ein. Bei den Indies finde ich eigentlich immer einen Titel, der irgen­det­was anders macht oder sich ein­fach etwas anders anfühlt. Ent­täuschun­gen gibt es hier natür­lich auch und ger­ade bei Steam Green­light rutscht inzwis­chen jede Menge Zeug durch, das nicht ein­fach nur Indie, son­dern erschreck­end ama­teurhaft ist. Das schadet den ambi­tion­iert­eren Indies, die in dem Meer aus Titeln unterge­hen und schnell mit den miesen Titeln in einen Topf gewor­fen wer­den. Genau diesen Titeln möchte ich mit meinem Blog zu etwas Aufmerk­samkeit verhelfen.

Stehst du in per­sön­lichen Kon­takt zu bes­timmten Indie-Entwick­lern? Wenn ja, welche wären das zum Beispiel?

Es gibt ein paar Entwick­ler, mit denen tausche ich hin und wieder Emails aus, aber das meiste läuft öffentlich via Twit­ter. Der Dienst wird von vie­len Indies inten­siv genutzt und mit den meis­ten kommt man dort regelmäßig ins Gespräch. Dabei geht es auch nicht immer nur um die Games, son­dern oft auch um pri­vate The­men. Man merkt, welche Prob­leme und Sor­gen die Indie-Entwick­lung mit sich bringt, wie hart der Job sein kann und wie er sich auf das Pri­vatleben auswirkt.

Aktuell sehen viele von ihnen ihre Exis­tenz lei­der ganz beson­ders bedro­ht, da Steam eine neue und nahezu bedin­gungslose Regelung zur Rück­gabe von Spie­len einge­führt hat. Ein schwieriges The­ma, das ich in den näch­sten Tagen auch auf meinem Blog behan­deln möchte.

Du bekommst ja öfters Rezen­sion­sex­em­plare. Wie läuft das denn ab? Nimmst du Kon­takt zu den Entwick­lern auf und fragst nach, oder kom­men die Entwick­ler auf dich zu?

Da gibt es eine ganze Menge unter­schiedlich­er Wege. Einige Entwick­ler (und vor allem größere Studios/Publisher) arbeit­en mit Agen­turen zusam­men, die Pressemit­teil­lun­gen und auf Anfrage auch Review-Exem­plare bzw. Keys ver­schick­en. Kleinere Stu­dios wen­den sich oft von sich aus an Youtu­ber, Web­seit­en oder Stream­er und fra­gen nach, ob Inter­esse an ihrem Spiel beste­ht. Man kann aber auch selb­st die Ini­tia­tive ergreifen und die Entwick­ler direkt anschreiben. Lei­der nutzen diese Möglichkeit inzwis­chen auch immer mehr Betrüger, die sich als bekan­nte Youtu­ber oder Web­seit­en aus­geben und ver­suchen, sich Keys zu erschle­ichen. Diese wer­den dann auch gerne mal auf ebay und den bekan­nten Key­seit­en verkauft, so dass die Entwick­ler am Ende nicht nur ohne die erhoffte PR daste­hen, son­dern auch noch einen Verkauf verlieren.

Ich muss auch geste­hen, dass ich noch immer ein schlecht­es Gewis­sen bekomme, wenn ich nach einem Review-Code frage, weil ich immer im Hin­terkopf habe, dass viele Indies wirk­lich auf jeden Cent angewiesen sind und ich mit mein­er kleinen Reich­weite lei­der nur wenig helfen kann. Das ist ein­er der Gründe, warum ich die Spiele trotz der Option eines Review-Codes meist doch selb­st kaufe oder sog­ar vorbestelle.

 Ich habe jet­zt mit­tler­weile schon dutzende Stun­den in Witch­er 3 ver­bracht. Bei Bat­tle­field 4 waren es gut 180 Stun­den. Und von World of War­craft fang ich erst gar nicht an. Traue ich mich an Indie-Titel ran, verge­ht mir aber oft bere­its nach ein paar Stun­den Spielzeit die Lust. Oder mir gefällt das Spiel­prinzip sehr gut, aber das Spiel ist schon nach 5 Stun­den vor­bei. Mach ich was falsch? Muss ich denn meine Ansprüche in manchen Bere­ichen (z.B. Grafik oder Umfang) nach unten schrauben?

Ich denke, richtig oder falsch gibt es bei dem The­ma eigentlich nicht. Wenn dir etwas keinen Spaß macht, dann ist das halt so. Spiele gibt es inzwis­chen in so vie­len Facetten, dass man zum Glück immer auch etwas find­et, das einem gefällt. Ich kann aber auch nicht abstre­it­en, dass es ger­ade bei Indie-Spie­len auch ein wenig mit der eige­nen Ein­stel­lung und Erwartung­shal­tung zu tun hat. Wenn man nur den Entwick­lung­sprozess betra­chtet, dann war die Lücke zwis­chen Indie-Spie­len (die es ja auch schon vor Jahrzehn­ten gab, nur nicht so zahlre­ich) und den größeren Titeln nie größer als heute. Die Kosten für AAA-Titel von EA, Ubisoft und Co. sind in unglaubliche Höhen geschnellt und die Teams sind um ein Vielfach­es größer als noch vor ein bis zwei Jahrzehnten.

Wer darüber nur einen Moment lang nach­denkt, dem sollte klar sein, dass Indie-Spiele, die von ein paar Leuten und neben einem nor­malen Job oder mit sehr kleinem Bud­get entwick­elt wer­den, unmöglich in allen Aspek­ten mit Großpro­duk­tio­nen mithal­ten kön­nen. Aus diesem Grund konzen­tri­eren sie sich lieber auf ein paar wenige Ele­mente und ver­suchen, diese beson­ders gut umzuset­zen. Das gelingt natür­lich nicht immer, aber wenn wir ehrlich sind, dann haben wir auch alle schon oft genug einen AAA-Titel gespielt, der uns ent­täuscht hat und für die haben wir dann meist auch noch deut­lich mehr Geld bezahlt.

Ich lese auf deinem Blog erstaunlich wenig “böse Worte” über Spiele. Gibts denn wirk­lich keine von dir getesteten Spiele, bei denen du dir im Nach­hinein gedacht hast: “Was hab ich denn da jet­zt für einen Schrott gespielt” ?

Ich glaube zwar, dass ich inzwis­chen ein ganz gutes Gespür dafür habe, welche Spiele mir gefall­en, aber vor Fehlgrif­f­en und Ent­täuschun­gen bleibe ich natür­lich auch nicht ganz ver­schont. Es ist aber so, dass ich wirk­lich schlechte Titel nicht lange spiele und vor allem nutze ich meine Zeit nur äußerst ungern, um über Titel zu bericht­en, die es nicht irgend­wie ver­di­ent haben. Richtig schwarze Schafe, vor denen man die Spiel­erge­meinde war­nen müsste, gibt es ja zum Glück nur sel­ten und die kann man ja meist auch durch entsprechende Hin­weise in den Steam-Reviews erkennen.

Ich muss aber auch zugeben, dass ich generell ein eher wohlwol­len­der Men­sch bin und ich nicht so gerne andere oder ihre Arbeit schlecht mache, obwohl ja ger­ade solche Inhalte bei Lesern und Zuschauen meist beson­ders gut ankom­men. Mir ist auch wichtig, beim Spie­len und vor allem beim Beurteilen der Games immer mal wieder die Per­spek­tive der Entwick­ler einzunehmen und im Hin­terkopf zu behal­ten, dass die Entwick­lung eines guten Spiels alles andere als leicht ist. Wenn man sich mal selb­st mit ein­er der Engines oder Pro­gram­mierung beschäftigt hat, dann bekommt man ein­fach etwas mehr Respekt für diese Kun­st, denke ich. Indie-Titeln kann ich Makel zudem auch eher verzei­hen als den großen Games, was zwar nicht unbe­d­ingt immer fair oder gar objek­tiv ist, aber ich finde, dass man da eben unter­schiedliche Maßstäbe anle­gen muss und außer­dem habe ich ja nie behauptet, pro­fes­sionellen Gamesjour­nal­is­mus zu betreiben 😉

Polygonien

Crowd­fund­ing und Ear­ly Access sind für viele Indieen­twick­ler ein wahrer Segen. Man muss sich nicht mehr auf Pub­lish­er ver­lassen, die immer nur die gle­ichen Cash Cows gemolken haben wollen, son­dern kann mit inno­v­a­tiv­en, teil­weise auch gewagten Spielideen direkt an die Käufer her­antreten und sie das Spiel finanzieren lassen. Es gibt aber spätestens seit dem Kick­starter­hype auch immer wieder schwarze Schafe, die die Backer im Stich lassen, ver­arschen oder gegen eine Wand laufen lassen. “Stomp­ing Land” ist da so eines der großen Neg­a­tivbeispiele in den ver­gan­genen Monat­en. Aber auch ich habe schlechte Erfahrun­gen mit Spie­len wie Space­base DF‑9 gemacht, bei denen das Spiel mit­ten in der Entwick­lungsphase “zwangs­fer­tiggestellt” wurde. Hast du schon ähn­liche Erfahrun­gen gemacht? Was sagst du zu den ent­täuscht­en Käufern? Irgendwelche Tipps?

Durch Crowd­fund­ing erblick­en ja nicht nur Spiele, die sich im Hin­blick auf das Gamedesign viele Frei­heit­en erlauben, das Licht der Welt, son­dern auch Titel wie “Hatred”, die große Wag­nisse in der Medi­enethik einge­hen. Hältst du solche Entwick­lun­gen für beden­klich? Find­est du, dass solche Titel aus den Ear­ly Access bzw. Crowd­fund­ing-Pro­gram­men ent­fer­nt wer­den sollten?

Das ist wirk­lich kein leicht­es The­ma und ver­mut­lich kann man darüber ganze Romane ver­fassen, aber ich ver­suche trotz­dem, meine per­sön­liche Sicht zu schildern. Zunächst mal würde ich Crowd­fund­ing und Ear­ly Access nicht unbe­d­ingt in den gle­ichen Topf wer­fen wollen, obwohl sie sich natür­lich sehr ähneln. Ich selb­st bin ein begeis­tert­er Fan des Crowd­fund­ing und finde, dass es ein unglaublich mächtiges und wichtiges Werkzeug ist, das uns ein­fachen Leuten die Möglichkeit gibt, unsere Welt gemein­sam etwas bess­er zu machen. In etwas mehr als drei Jahren habe ich mehr als 100 Spiele-bezo­gene Pro­jek­te unter­stützt, wovon etwa die Hälfte tat­säch­lich erfol­gre­ich finanziert wurde. Viele der Titel sind noch mit­ten in der Entwick­lung und ich habe keine Ahnung, wann sie erscheinen.

Beun­ruhigt mich das? Nein, denn Crowd­fund­ing ist nicht ein­fach nur eine Alter­na­tive zur Vorbestel­lung. Es geht um Ver­trauen in und Begeis­terung für die Träume und Ideen ander­er, die ohne diese Unter­stützung ver­mut­lich nie Wirk­lichkeit wer­den wür­den. Ich lasse mich gern vom Enthu­si­as­mus und der kreativ­en Energie der Entwick­ler ansteck­en und ger­ade bei den kleineren Pro­jek­ten ist es ein­fach ein tolles Gefühl, ihre Dankbarkeit zu sehen und zu wis­sen, dass man ihnen bei der Erfül­lung eines Traums geholfen hat. Was sind schon 10 oder 20 €, wenn man damit das Leben ander­er nach­haltig verbessern kann? Und mit etwas Glück wird man am Ende auch noch mit einem tollen Spiel (oder was auch immer man unter­stützt hat) belohnt.

Klar, manch ein­er wird beim Lesen jet­zt sich­er mit den Augen rollen und mich für einen verblende­ten Gut­men­schen (was für mich übri­gens KEIN Schimpf­wort ist) hal­ten, aber so bin ich halt und es ist ein­fach ein viel schöneres Erleb­nis, als ein­fach nur abzuwarten und das Spiel irgend­wann nach Fer­tig­stel­lung (falls es dazu kommt) zu kaufen. Trotz­dem ver­schließe ich meine Augen nicht vor den neg­a­tiv­en Aspek­ten und auch ich habe schon ein Pro­jekt unter­stützt, dass sich am Ende als reine Abzocke (Con­fed­er­ate Express) ent­pup­pte. So ganz sich­er ist man davor natür­lich nie, aber es hil­ft, sich die Entwick­ler vorher gut anzuschauen und zu hin­ter­fra­gen, wie real­is­tisch ihre Ziele in Kom­bi­na­tion mit dem Ziel­be­trag sind. Was speziell Ear­ly Access anbe­langt, kann man ja zum Glück auch immer selb­st recher­chieren und sich durch Pre­views und Videos einen Ein­druck davon ver­schaf­fen, was einen erwartet und wie weit das Pro­jekt ist. Am Ende ist es immer eine Frage von Ver­trauen, Hoff­nung und auch Glück, denn Pro­jek­te kön­nen auch scheit­ern, obwohl die Entwick­ler wirk­lich mit Leib und Seele dabei sind.

Zu Hatred kann ich nur sagen, dass es meines Wis­sens nicht via Crowd­fund­ing finanziert wurde und mir auch kein Titel bekan­nt ist, der ähn­lich geschmack­los ist und auf Kick­starter oder ähn­lichen Plat­tfor­men zu find­en war. Ich finde, dass es dem Image des Medi­ums erhe­blich schaden und uns im Kampf um Anerken­nung weit zurück­w­er­fen kön­nte. Mir fehlt auch jeglich­es Ver­ständ­nis für die Unter­stützer dieses Mach­w­erks und kann abso­lut nicht nachvol­lziehen, wie man das ern­sthaft spie­len wollen kann. Hier ist aus mein­er Sicht auch die Indus­trie gefordert, die solche Pro­jek­te öffentlich kri­tisieren und sich davon dis­tanzieren sollte, aber nach GG, Female Fre­quen­cy usw. hat man da wohl auch ein­fach Angst vor dem Shit­storm der min­derbe­mit­tel­ten Spiel­er, von denen es ja lei­der auch jede Menge gibt.

 

zum Blog von Rober­to: www.polygonien.de