Die erste Hälfte der 10. Staffel ist rum und als riesen Akte X – Fan wird es mal so langsam Zeit für ein Zwischenfazit. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich die alten Folgen aus den 90ern schon ein wenig zu Unrecht in der Luft zerissen habe. Das wird mir allerdings jetzt erst klar, wo ich sehe, was mir in Sachen Akte X im Jahr 2016 geboten wird.
Eines vorweg: Die neuen Folgen sind nicht scheiße. Sie sind unterhaltsam. Auch an die neue Synchro von Mulder habe ich mich schnell gewöhnt. Wobei ich sagen muss, dass mir die Stimme des alten Synchronsprechers (Benjamin Völz) besser gefallen hatte, weil sie etwas charismatischer war. Was mich allerdings etwas stört, sind die Drehbücher und die Inszenierung. Bei Staffel 10 handelt es sich ja eher um eine Mini-Staffel. Also insgesamt nur 6 Folgen á 45 Minuten. Gerade wenn das ganze Projekt nur so kleine Ausmaße annimmt – also eher eine Mini-Serie als eine echte Staffel ist – hätte ich mir schon gewünscht, dass sich ein großer roter Faden durch die Folgen zieht, der mit der letzten Folge zum Höhepunkt kommt.
Stattdessen hängen allerdings nur Folge 1 und Folge 6 inhaltlich zusammen. Die Folgen 2 -5 sind nur die üblichen, zusammenhangslosen „Monster der Woche“ Folgen. Die sind zwar auch einigermaßen nett, aber hauen einen nach über 200 Folgen einfach nicht mehr vom Hocker.
Folge 1 – Der Kampf
Auch der Auftakt der neuen Staffel war eine Direktlandung im filmischen Fettnäpfchen. Nach so vielen Jahren erwartet man in der ersten Folge ja schon einen kleinen, dramaturgischen Paukenschlag. Stattdessen plätschert die Geschichte zu Beginn etwas vor sich hin und versucht anschließend extrem dramatisch zu wirken. Wieso nur „versucht“? Weil viel zu viel Info in so kurzer Zeit ausgestrahlt wird. Akte X hat sich damals ja immer relativ viel Zeit genommen und eher Infohappen, anstatt ganze Gerichte präsentiert. Stück für Stück konnte man so bis zum Staffelfinale ein Mosaik der Wahrheit konstruieren. Und genau dieses Prinzip fesselte einen damals Folge für Folge an den Fernseher.
Folge 1 liefert aber keine Mosaikstückchen mehr, sondern stattdessen ein ganzes 7 Gänge-Menü. Und das ist so üppig, dass einem nach dem 3. Gang schon schlecht wird. Binnen weniger Minuten, werden die anderen 9 Staffeln fast schon für Blödsinn erklärt.
Es gibt gar keine Alienverschwörung oder einen Alienbürgerkrieg. Stattdessen sind die Aliens nach dem 2. Weltkrieg auf der Erde gelandet, weil sie uns daran hindern wollten, uns selbst zu vernichten. Fies wie wir sind, haben wir die Aliens aber einfach über den Haufen geschossen, um uns deren Technologien (und DNA) zu klauen und sie zu verwenden, um den Sowjets bzw. dem kapitalistischen Westen eins auszuwischen.
Das klingt total Banane und weist auch nach kurzem überlegen soviele Logiklöcher auf, dass einem selbst als AkteX-Fanatiker ganz anders wird. Aber hey! Muss ja nicht alles Sinn ergeben. Aber auch aus Sicht des Drehbuchs, war diese Folge sehr problematisch. Es konnte dadurch, dass aus dem Informanten alle Informationen einfach so raussprudelten, kaum Spannung erzeugt werden. Ich glaube man wollte hier einfach versuchen, endlich mal die „Katze aus dem Sack zu lassen“. Dramaturgisch kam das aber alles so plötzlich, dass man als Zuschauer gar nicht wirklich darauf reagieren konnte.
Folge 2 – Gründer Mutation
Überhaupt ist Spannung etwas, was ich in der neuen Staffel vermisse. In der zweiten Folge ging es um Kinder, mit denen illegalerweise Menschenexperimente durchgeführt wurden. Die Regierung versuchte Alien-Mensch-Hybriden zu züchten. Teilweise ohne Erfolg – was zu Mutationen führte, teilweise aber auch mit Erfolg – was zu Superheldenkräften führte. Scully und Mulder decken dabei die Menschenversuche innerhalb von 15 Minuten auf. Eigentlich bleiben hier keine Fragen offen. Zwei Hybriden flüchten, der Leiter der Einrichtung wird ermordet. Die Regierung riegelt die Einrichtung ab. Scully und Mulder gehen nach Hause.
Wirklich bedrohlich und düster, wird es zu keiner Sekunde. „Mysterie“ spielt ja sehr mit der Fantasie der Leser / Zuschauer und entfaltet dann eine besonders große Wirkung, wenn man dem Zuschauer viele Informationen vorenthält, anstatt alles bis ins kleinste Detail zu erklären. Etwas ähnliches habe ich ja vor einigen Monaten bereits in meinem Artikel über Monsterfilme geschildert. Und lässt sich auch ganz gut auf Akte X übertragen.
„Angst hat für mich sehr viel mit Fantasie zu tun. Sie ist dann besonders groß, wenn man eine unbekannte Bedrohung nur schemenhaft erahnt.
Nicht umsonst wohnt das Monster im Kinderzimmer dort, wo man es nicht genau sieht. Unter dem Bett, im Schrank, in der Baumkrone vor dem Fenster. Und nicht in der Spielecke, wo es gerade auf dem 300 Euro Lego-Sternenzerstörer rumkaut.“
Folge 3 – Mulder und Scully gegen das Wer-Monster
Eigentlich müsste ich nach diesen Gesichtspunkten (Gruseln, Fantasie) die Folge 3 in der Luft zerreißen. Die ist eigentlich eher eine Slapstickfolge, die sich um ein Monster dreht, das eine Midlifecrisis hat. Klar, mögen manche jetzte sagen, dass so eine Folge total unpassend für Akte X ist. Aber gerade im Hinblick auf die beiden Folgen zuvor, denke ich mir, dass man lieber etwas gut macht, auch wenns nicht ganz so passend ist (Comedy-Folge in Akte X) als etwas Passendes eher schlecht macht (die „Mystery“ Folgen 1+2). Ich konnte über die Folge 3 jedenfalls lachen.
https://www.youtube.com/watch?v=_1SmJUBT5q0
Fazit
Insgesamt muss ich sagen, dass ich mir die Staffel definitiv zuende ansehen werde. Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass sie bei weitem nicht an die Urpsrungsstaffeln herankommt. Dazu fehlt mir das Düstere und Bedrohliche. Auch wirklich gelungene Neuerung sucht man in den Folgen bis auf eine Ausnahme wirklich vergebens. Man hätte mehr auf die Beziehung zwischen Scully und Mulder eingehen können. Man hätte wirklich interessante neue Neben- und Hauptdarsteller einführen können. Oder in Sachen Special Effects alle Register ziehen können. Stattdessen wird hier versucht eher ungeschickt an den Stil und die Atmosphäre der Vorgänger anzuknüpfen.
Die gelungene Neuerung der Staffel 10? Es wird kritisch mit dem aktuellen politischen Geschehen (NSA, Edward Snowden, etc.) umgegangen.
Schreibe einen Kommentar