Dieser Beitrag ist Teil mein­er Erfahrungs­bericht­srei­he “Bach­e­lor of Laws Fer­nuni Hagen”:

Da mein Abschluss mit­tler­weile in greif­bare Nähe gerückt ist, wollte ich euch noch ein paar weit­ere Ein­drücke vom Studi­um ver­mit­teln. Während ich im ersten Teil ein paar all­ge­meine Dinge zum Stu­di­en­gang geschrieben hat­te und es im zweit­en Teil um das erste Semes­ter und der Ein­stieg ins Studi­um ging, wollte ich euch in diesem Teil etwas zum Ler­nen im Fern­studi­um berichten.

Denn wie ihr euch sich­er vorstellen kön­nt, läuft das Studi­um an ein­er Fer­nuni­ver­sität etwas anders ab als bei den klas­sis­chen Präsen­zhochschulen. Statt vor Ort zahlre­iche Vor­lesun­gen, Men­to­ri­ate, Übun­gen und Sem­i­nare zu besuchen, find­et die Lehre an der Fer­nuni in der Regel online statt. Es gibt hier­bei allerd­ings drei Ausnahmen:

  • Es gibt zu fast jedem Mod­ul frei­willige Präsenz­men­to­ri­ate, die in den einzel­nen Stu­dien­zen­tren ange­boten werden

  • Gibt es bei den Ein­führungskursen in den ersten Semes­tern verpflich­t­ende Präsenz­men­to­ri­ate, die in den einzel­nen Stu­dien­zen­tren ange­boten werden.

  • Ist das Abschlusssem­i­nar zur Vor­bere­itung der Bach­e­lo­rar­beit eben­falls irgend­wo in Deutsch­land in Präsenz abzuleisten.

Früher war es auch für das Rhetorik-Sem­i­nar nötig, nach Hagen zu fahren und das Sem­i­nar in Präsenz abzuschließen. Im Zuge der Coro­na-Pan­demie wurde das Sem­i­nar aber in ein Online­for­mat umge­wan­delt und ist es bis heute (Stand WS 22/23) geblieben.

Anson­sten muss ich sagen, dass die Flex­i­bil­ität durch die Onlinelehre im Fern­studi­um enorm ist. Die meis­ten Onlin­ev­er­anstal­tun­gen wer­den aufgenom­men und kön­nen jed­erzeit abgerufen wer­den, sodass man grund­sät­zlich selb­st entschei­den kann, wann man lernt. Als Vol­lzeitbeschäftigter wäre das Studi­um für mich ohne die Fer­nuni Hagen niemals möglich gewe­sen. Den­noch gibt es mein­er­seits, was das Ler­nen im Fern­studi­um bet­rifft auch etwas Kritik.

Die digitale Lehre

Wie bere­its gesagt, beste­ht der Großteil der Lehrver­anstal­tun­gen aus virtuellen Ange­boten. Wie die meis­ten von uns im Zuge der Pan­demie fest­gestellt haben, hat die dig­i­tale Lehre gegenüber der Präsen­zlehre einiges an Vorteilen zu bieten aber auch einige große Nachteile. Gute dig­i­tale Lehre bedeutet daher für mich, dass sich die Lehren­den Gedanken darum machen, wie sie die Vorteile nutzen und die Nachteile möglichst ver­mei­den oder zumin­d­est kaschieren. Hier ver­sagen aber lei­der 9 von 10 Lehrver­anstal­tun­gen im Stu­di­en­gang Bach­e­lor of Laws.

Die meisten Lehrenden  konzipieren ihre Lehrveranstaltung wie eine handelsübliche Präsenzveranstaltung:

  • keine/kaum Ein­bindung dig­i­taler Medi­en (mit Aus­nahme der dig­i­tal­en Übertragung)
  • mehrstündi­ger Frontalunterricht
  • teil­weise keine tech­nis­chen Kom­pe­ten­zen (Tief­punkt: Statt ein­er Pow­er­Point­Präsen­ta­tion hat ein Lehren­der ein 30 Seit­iges unüber­sichtlich­es Word­doku­ment mit Stich­punk­ten als “Präsen­ta­tion” erstellt, hat seinen Bild­schirm geteilt und ist bei der Über­tra­gung langsam durch das Doku­ment gescrollt)

Großer Licht­blick in der ganzen Geschichte war das Propädeu­tikum zu Beginn des Studi­ums, das vol­lkom­men ver­di­ent den Lehrpreis gewon­nen hat­te. Dort gab es vor jedem Men­to­ri­at einen kurzen Mul­ti­ple-Choice-Test, um den bish­eri­gen Stoff zu wieder­holen. In der virtuellen Stu­di­enumge­bung (siehe Erfahrungs­bericht Teil 2) wur­den zahlre­iche Schaubilder und ergänzende Infor­ma­tio­nen hin­ter­legt. Auch inner­halb des Men­to­ri­ats war die Umset­zung sehr abwech­slungsre­ich. Es gab viele kurze Übungs­fälle, Sachver­halte wur­den sehr anschaulich dargestellt (teil­weise sog­ar ger­apt) und das ewige Prob­lem, dass sich bei dig­i­tal­en Ver­anstal­tun­gen kaum jemand traut, das Wort zu ergreifen, dahinge­hend gelöst, dass von ein­er Abstim­mungs­funk­tion gebrauch gemacht wor­den ist und die Studieren­den jed­erzeit die Möglichkeit hat­ten, wie bei “Wer wird Mil­lionär” für die Antworten A, B, C, oder D zu stim­men. Manche Lehrende haben auch Pod­casts zur Ver­fü­gung gestellt oder kurze Übung­stests in die virtuelle Stu­di­enumge­bung gestellt, bei deren richtiger Lösung Karteikarten oder andere Lern­hil­fen freigeschal­tet wor­den sind. So geht gute virtuelle Lehre. Lei­der machen wie gesagt kaum Lehrende von solchen Meth­o­d­en gebrauch.

Die Studienbriefe

Hin­ter dem Begriff “Stu­di­en­briefe” ver­steckt sich eigentlich nichts anderes als der Klausurstoff in Form eines mehrere hun­dert Seit­en umfassenden “Buch­es”. Dort sind alle Inhalte erläutert, die Klausurrel­e­vant sind. Das sind qua­si aus­for­mulierte Vor­lesungsskripte. Grund­sät­zlich ist das erst­mal zu begrüßen, wenn so trans­par­ent mit dem Klausurstoff umge­gan­gen wird. Wer sich allerd­ings denkt, dass er die Klausuren ohne Prob­leme lösen kön­nte, indem er ein­fach die 300–700 Seit­en der Stu­di­en­briefe lernt, der täuscht sich. Denn der Stoff ist dort so the­o­rielastig auf­bere­it­et, dass man sich zwar das (Hintergrund-)Wissen für die Klausurlö­sung aneignen kann, aber den­noch wenig Ahnung hat, wie man die Fälle let­z­tendlich prak­tisch löst. Aber genau auf let­zteres kommt es bei den Klausuren an. Deswe­gen sind für den prak­tis­chen Teil die Men­to­ri­ate wesentlich sin­nvoller und die Stu­di­en­briefe eignen sich hin­ter­her, um mal schnell etwas nachzuschlagen.

Bloß anhand der Studienbriefe lassen sich keine Klausuren in der vorgegebenen Zeit lösen.

Ich finde den Fokus auf die The­o­rie und die Abkehr von den prak­tis­chen Bezü­gen in den Stu­di­en­briefen sehr ärg­er­lich. Let­z­tendlich musste ich mir für die meis­ten Fäch­er dementsprechend Lehrbüch­er kaufen, um mich für die Klausur und ins­beson­dere die Ein­sendear­beit­en vorzu­bere­it­en. Nichtzulet­zt auch deswe­gen, weil sich viele Stu­di­en­briefe alles andere als gut lesen lassen.
Hier kann ich ger­ade für die ersten Semes­ter die Dum­mies-Büch­er (BGB für Dum­mies, Staat­srecht für Dum­mies, Strafrecht für Dum­mies, etc.) empfehlen. In späteren Mod­ulen wer­den die The­men dann etwas spezieller, sodass man mit einem guten Lehrbuch aus der Beck Bib­lio­thek bess­er bedi­ent ist.

The­o­retisch kann man sich die prak­tis­che Erfahrung auch über die (online) Men­to­ri­ate aneignen. Allerd­ings ist es häu­fig so, dass die Men­to­ri­ate erst starten, wenn die Abgabefrist für die Ein­sendear­beit­en schon kurz vor dem Ablaufen ist. Es ist daher häu­fig nicht möglich, sich das Wis­sen zur Lösung der Ein­sendear­beit­en über die Men­to­ri­ate anzueignen. Und die Stu­di­en­briefe zur Lösung der Ein­sendear­beit­en her­anzuziehen, ist super inef­fizient. Da helfen dann wirk­lich ein gutes Lehrbuch oder Altk­lausuren wesentlich besser.

Fazit

Let­z­tendlich muss ich sagen, dass ich von der Lehre an der Fer­nuni etwas ent­täuscht bin. Ger­ade weil ja häu­fig der per­sön­lichere Kon­takt zu anderen Studieren­den und den Lehren­den fehlt, hat­te ich schon erwartetet, dass man sich um die Lehrmeth­o­d­en wesentlich mehr Gedanken macht. Let­z­tendlich ist die Lehre natür­lich gut genug, sodass man  alle nöti­gen Kom­pe­ten­zen als Juristin bzw. Jurist ver­mit­telt bekommt, aber da ist noch sehr viel Luft nach oben, wenn es darum geht, die Studieren­den dabei so gut es geht zu unterstützen.