Die Wahlergeb­nisse der Europawahl sind ja mit­tler­weile schon seit Monat­en bekan­nt und, zumin­d­est was die Wahlbeteili­gung bet­rifft, waren sie sehr ernüchternd. Aber auch was die Stim­mverteilung ange­ht, waren die Medi­en und Poli­tik in heller Aufruhr. Rund 20% aller Sitze gin­gen an europakri­tis­che Parteien. Das muss ja erst­mal nichts Schlecht­es sein. Schließlich kann sich ein Sys­tem nur dann entwick­eln, wenn es eine Möglichkeit hat durch Kri­tik seine Schwächen zu zu erken­nen. Und die hat die EU nun mal zu Genüge.

Was mich in der Berichter­stat­tung von vie­len pop­ulären Medi­en wie Spiegel, FAZ oder Zeit immer etwas ver­wirrt, ist die Verurteilung bzw. das Schubladen­denken bezüglich ver­schieden­er Parteien. Es ist nicht ein­fach so, dass die Medi­en sagen die AfD oder die franzö­sis­che Front Nationale seien rechts, son­dern wer­den ab und zu auch als rech­tex­trem beze­ich­net. Hier stell ich mir aber immer die Frage, woran man das jet­zt fest­macht ob eine Partei rechts oder recht­sex­trem ist?

Bish­er habe ich das nur auf Per­so­n­en bzw. deren Ver­hal­ten bezo­gen. Starke Vorurteile bezüglich bes­timmter aus­ländis­ch­er Bevölkerungs­grup­pen zu haben, ist rechts. Gegen diese Bevölkerungs­grup­pen gewalt­sam vorzuge­hen, rechtsextrem.
Bei Parteien ist diese Unter­schei­dung immer etwas schwieriger. Schließlichen schreiben die recht­sex­tremen Parteien — zumin­d­est hier in Deutsch­land — nicht in ihr Wahl­pro­gramm, dass sie vorhaben alle Rumä­nen aus dem Land zu wer­fen oder wegzus­per­ren. Die Aus­rich­tung der Partei lässt sich also oft nur anhand der Gesin­nung ihrer Wäh­ler bzw. ihrer Parteispitze festmachen.

Schubladendenken

Aber ist das denn richtig? Ich halte z.B. die Aus­sage man wolle gegen Armutsmi­gra­tion vorge­hen, für eine poli­tisch rechte Aus­sage. Ist Angela Merkel deswe­gen jet­zt eine Rechte? Oder sog­ar die ganze CDU? Ist es nicht sog­ar recht­sex­trem, wen die Regierung jet­zt beschließen würde, Aus­län­dern ohne Job jegliche Sozial­hil­fe zu ver­wehren und sie damit in die Krim­i­nal­ität, zum Bet­teln, in die Pros­ti­tu­tion oder zurück in ihr Ursprungs­land ekeln würde, sofern sie keinen Job finden?

Soet­was würde keine Zeitung behaupten. Die CDU ist kon­ser­v­a­tiv. Die AfD rechts. Die Front Nationale ist recht­sex­trem. *Schublade zu* Schön zu wis­sen, wenn man mor­gens auf­ste­ht und sofort weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind. Dann hat der Tag Struk­tur. Und genau darum geht es meist in poli­tis­chen Beiträ­gen ser­iös­er Medi­en, wenn sie Parteien als rechts oder recht­sex­trem beze­ich­nen. Nicht um eine bloße, neu­trale Kat­e­gorisierung, damit sich der Leser bess­er zurechtfind­en kann. Es geht darum zu unter­stre­ichen, wie abgrundtief böse manche Parteien oder Poli­tik­er sind. Oder hat schon­mal jemand gele­sen, dass es eine abso­lut linke Ansicht sei, Deutsch­land bräuchte einen Min­dest­lohn. Oder dass eine Forderung nach ein­er mas­siv­en Bankenkotrolle nur von Link­sex­trem­is­ten kom­men kann.

Nö. Wieso auch? “Links” hat in Deutsch­land kein Stig­ma wie es “rechts” hat. Links ist halt links. Rechts ist böse, schlecht und möchte den Staat zer­stören. Schön und gut — aber brauche ich sowas als gebilde­ter Leser eines Zeitungsar­tikels über­haupt? Bin ich nicht poli­tisch aufgek­lärt genug, um selb­st entschei­den zu kön­nen, ob der geschilderte Stand­punkt Europa bzw. Deutsch­land mehr schadet als nützt? Brauch ich dann unbe­d­ingt einen Jour­nal­is­ten, der mir noch mal klar macht, dass es sich hier­bei um schädliche Ansicht­en han­delt? Und dadurch teil­weise sog­ar noch seine eigene Mei­n­ung auf­drückt in dem er Ein­stel­lun­gen mit dem Attrib­ut “rechts” verse­ht? Und was ist denn jet­zt eigentlich der Unter­schied zwis­chen rechts oder rechtsextrem?

Vielle­icht ein­fach mal die poli­tis­chen Lager bei­seite lassen und eine Mei­n­ung danach beurteilen, ob sie gut und begrün­det oder ober­fläch­lich und sau dumm ist. Das würde ich auch mal den 6%-Alu Hütchen-Ver­schwörung-AfD-Wäh­lern raten.