Lange ist es her, dass ich poli­tisch recht­en bzw. recht­sex­tremen immer noch etwas ver­ständ­nis ent­ge­gen­brin­gen kon­nte. In der Blog­pa­rade zu Pegi­da und meinem Beitrag “Aufk­lärung statt Aus­gren­zung habe ich ja bere­its erwäh­nt, dass man Leuten mit recht­spop­ulis­tis­chen Ansicht­en eher fre­undlich aber bes­timmt wider­sprechen soll, als sofort mit Beißre­flex­en zu reagieren. Hier muss ich dazu sagen, dass die meis­ten recht­en Ansicht­en, die ich bis dato gele­sen hat­te, eher human gewe­sen sind.

Seit­dem bei uns in der Stadt (und im Land) allerd­ings zahlre­iche Flüchtlings­de­bat­ten los­ge­treten wur­den, sind auch Anti-Asyl Seit­en bei Face­book aus dem Boden gestampft wor­den. So hat mit­tler­weile jedes Kuh­dorf in das sich min­destens ein Flüchtling verir­rt  eine eigene “Gegen das Asy­lanten­heim im Hin­ter­tupfin­gen-Butz­dorf” Seite. Und anders als in den bish­eri­gen Seit­en, auf denen ich gegen die Stammtis­ch­parolen ankämpfe, haben diese Seit­en (für mich) mas­sive Nachteile.

Zum einen sind sie unmod­eriert. Jeden­falls für Recht­spop­ulis­ten. Ein “link­er Gut­men­sch” ist auf den meis­ten Seit­en schnell ges­per­rt. Weist man die Admin­is­tra­toren auf die Het­zkom­mentare und Belei­di­gun­gen hin, bekommt man neben einem müden Lächeln nur ein “Für die Kom­mentare auf der Seite sind wir nicht ver­ant­wortlich”. Diese Argu­men­ta­tion kenne ich bere­its, wenn man NPD Poli­tik­er darauf hin­weist, dass einige ihrer Kam­er­aden straf­fäl­lig gewor­den sind. Dann bekommt man auch meist nur die Antwort, das man ja keine Ver­ant­wor­tung dafür übernehmen kann, was NPD-Poli­tik­er in ihrer “Freizeit” machen. Komisch, dass bei Ter­ro­ran­schlä­gen, krim­inellen Aus­län­dern oder schwarzen Schafen in anderen Parteien immer sofort die ganze Gruppe ver­ant­wortlich gemacht wird.

Zur Fair­ness muss ich allerd­ings sagen, dass viele Anti-Anti-Asyl-Kom­men­ta­toren eben­falls Beiträge weit unter der Gürtellinie abgeben (nach dem Mot­to: Den ollen “Nazi” darf man ruhig beschimpfen). Was ich davon halte, habe ich ja bere­its in Aufk­lärung statt Aus­gren­zung geschrieben.

Face­book reagiert nicht auf Mel­dun­gen. Wenn die Admin­is­tra­toren der Seite schon nicht reagieren, dann muss doch wenig­stens Face­book auf frem­den­feindliche Äußerung reagieren, oder? Falsch gedacht! Sätze wie “Diese scheiß Kanack­en sollen von mir aus alle ver­reck­en” sieht Face­book anscheinend nicht als beden­klich an. Ich habe mit­tler­weile zahlre­ichen Beiträge gemeldet, die einen Straftatbe­stand erfüllen. Face­book hat nach eige­nen Angaben alle über­prüft, kon­nte allerd­ings keinen Ver­stoß gegen die Richtlin­ien fest­stellen. Ja nee, is klar.

Die meis­ten Leute sind zu faul zum recher­chieren. PEGIDA hat es als Lügen­presse skandiert. Artikel oder ganze Medi­en, die Lügen oder Halb­warheit­en auftis­chen, um ihre Poli­tik durchzuset­zen und die Poli­tik der anderen niederzu­machen. Dage­gen gibt es the­o­retisch ein Mit­tel: Eigen­recherche und eine gesunde Skep­sis. Aber wir wis­sen wohl alle, dass ger­ade bei der großen Masse bei­des nicht son­der­lich gut funk­tion­iert. Auf den Face­book­seit­en wur­den somit zahlre­iche Lügen und Halb­wahrheit­en ver­bre­it­et. Solange diese gegen Asyl bzw. gegen Aus­län­der gerichtet waren, ist das anscheinend voll in Ordnung.

Egal ob es sich dabei um einen “Erfahrungs­bericht” ein­er Hartz IV-Empfän­gerin han­delt, deren Antrag jet­zt nicht mehr rechtzeit­ig bear­beit­et wer­den kann, weil das Job­cen­ter ange­blich durch die ganzen Asy­lanten aus­ge­lastet ist und die Anträge dieser bösen Aus­län­der vor­rangig bear­beit­et wer­den sollen. (Was gel­o­gen ist, weil das Job­cen­ter mit Asyl­be­wer­bern nichts am Hut hat)

Oder um einen Artikel über einen Moslem, der sich darüber lustig macht, dass ein Kaufhaus speziell für Moslems für die Zeit nach Ramadan Pringles mit Bacon­geschmack bewirbt. Der Artikel wird mit “Super­markt verärg­ert Mus­lime” umschrieben, obwohl der inter­viewte Moslem im Artikel sagt, dass er das nicht belei­di­gend find­et, son­dern urkomisch. Inter­essiert die Kom­men­ta­toren der Stammtisch-Seite aber über­haupt nicht. Es wird stattdessen wieder über Moslems herge­zo­gen und erwäh­nt, dass sie sich aus unserem Land ver­pisse sollen — und das obwohl der Super­markt (wie im Artikel auch beschrieben) in Lon­don ste­ht. Aber haupt­sache mal wieder den §besorgten Bürg­er” raushän­gen lassen.…

Eigentlich gehts gar nicht um die Asylpoli­tik. Ich bin kein Fre­und der derzeit­i­gen Asylpoli­tik und des derzeit­i­gen Asylver­fahrens. Vielle­icht bringe ich ja deshalb auch so vie­len Asyl­geg­n­ern Ver­ständ­nis ent­ge­gen. 70% aller Asyl­be­wer­ber haben laut offizieller Sta­tis­tik gar keinen Anspruch auf Asyl in Deutsch­land. Das sind ein­er­seits zu einem Drit­tel  keine armen Krieg­sopfer oder poli­tisch Ver­fol­gte, son­dern Wirtschafts­flüchtlinge. Leute, die das Mitleid und die Hil­fs­bere­itschaft ander­er aus­nutzen wollen und dabei die Sozialka­ssen belas­ten. Zu einem anderen Drit­tel, haben diese zwar Anspruch auf Asyl, allerd­ings nur in den Län­dern, in denen sie ursprünglich zum ersten Mal hät­ten Asyl beantra­gen kön­nen (z.B. Ital­ien). Das Prob­lem an dieser Sit­u­a­tion ist, dass diese 66% monate­lang bzw. jahre­lang finanziert wer­den müssen, da das Asylver­fahren und den eventuell darauf­fol­gen­den Rechtsstre­it viel zu lang­wierig sind. Da kann ich den Frust viel­er Deutschen verstehen.

Schaut man sich allerd­ings die Beiträge der Seit­en­be­treiber und viel­er Kom­men­ta­toren an, geht es um diese Prob­lematik schon lange nicht mehr. Da wer­den Fan­seit­en zu NPD-Poli­tik­ern gepostet, jed­er Artikel in dem irgen­dein Moslem mal was bös­es gemacht hat, geteilt und recht­sex­treme Rock- / Rap­bands pro­mot­ed. Am eigentlichen The­ma (hier zB. “Gegen das Asy­lanten­con­tain­er­dorf im Wormser Väd­del”) wird schon seit Monat­en vor­beige­sprochen. Es reicht wenn jemand oder etwas gegen Aus­län­der ist.

Man ist als poli­tisch und gesellschaftlich Gemäßigter in der Unterzahl. Nach ein­er Weile kommt man sich ziem­lich ver­loren vor, wenn man ver­sucht die Wogen zu glät­ten und von zig Leuten als “Gut­men­sch beti­t­uliert wird” Wenn man Het­zkom­mentare kri­tisiert und dann aufs übel­ste Beschimpft wird. Und wenn man Richtig­stel­lun­gen zu Falschaus­sagen postet und diese absichtlich ignori­ert wer­den oder dann die Ver­schwörungs­the­o­rien aus­gepackt werden.

Die Men­schen­ver­ach­tung ist auf einem ganz anderen Niveau. Was mir allerd­ings am sauer­sten auf­stößt ist die Tat­sache, dass die Men­schen­ver­ach­tung auf solchen Seit­en auf einem ganz anderen Niveau ist. Es geht nicht mehr darum Aus­län­der, Ander­s­gläu­bige, Poli­tik­er aller Parteien links der NPD oder Asy­lanten abzulehnen. Es geht stattdessen darum diese zu Beschimpfen, sie als Bedro­hung für den Staat und die Bürg­er dazustellen und ihnen den Tod zu wün­schen. Wie soll man gegen sowas argu­men­tieren? Da kann ich auch genau so gut mit irgendwelchen ISIS-Fanatik­ern über Reli­gions­frei­heit sprechen. Und die Frage, die ich mir mit­tler­weile immer wieder stelle ist, ob man solche Leute über­haupt noch inte­gri­eren kann?

(Über­schrift dieses Artikels gehen auf die kreative Kappe mein­er Verlobten)

Ein paar der tollen Mei­n­un­gen der Asyl­geg­n­er, kön­nt ihr in der Gal­lerie bewundern.