Vor einigen Tagen wurde die Siegespose des Charakters „Tracer“ aus Overwatch entfernt. Grund dafür ist, dass man die Pose als unpassend und sexistisch eingestuft hatte. Gleichzeitig wurde auch eine humoristische Anspielung auf Pornohefte aus dem Spiel entfernt. In keinem der beiden Fälle gab es nackte Haut zu sehen. Im Steam-Forum zum Harvest Moon Klon „Stardew Valley“ entbrannte eine Debatte, weil einige Spieler es kritisierenswert fanden, dass im Spiel nur weiße Figuren und keine Farbigen oder Asiaten vorkamen. Auch in Call of Duty gab es in Vergangenheit einiges an Kritik. Nicht wegen der Gewaltdarstellung oder dem triefendem, amerikanischen Pathos, der hier bis zum Erbrechen präsentiert wird. Sondern weil arabische, religiöse Texte auf einer Multiplayermap in einem Bilderrahmen abgebildet waren, der an die Wand eines Badezimmers hing. In Battlefield 3 gingen Tierschützer auf die Barrikaden, weil der Protagonist eine Ratte tötete.
Auch wenn ich es durchaus richtig finde, über gesellschaftliche und politische Themen in Videospielen zu diskutieren, bekomme ich langsam immer mehr das Gefühl als wollen viele Entwicklerstudios bei gewissen Anschuldigungen (Sexismus, Religion, Rassismus) keinen Shitstorm mehr riskieren und ändern ihre Inhalte deswegen schon beim ersten Aufkeimen von Kritik ab. Gleichzeitig sind gerade im Netz viele Nutzer für gewisse Themen hypersensibilisiert. Und diese Sensibilisierung geht mittlerweile schon so weit, dass vieles was an Kritik dadurch entsteht fast schon Aluhutträger-Mentalität besitzt oder komplett lächerliche Züge annimmt.
Pokemon wurde aus rein kommerziellen Gründen entwickelt. Und nicht etwa deswegen, weil Nintendo versucht die Pokemon-Fans gegenüber den schlechten Haltungsbedingungen von Zirkustieren abstumpfen zu lassen. Auch erfüllt das Töten einer Ratte in einem Videospiel nicht automatisch den Straftatbestand der Tierquälerei.
Muss ich denn Zwangsweise in jedem Spiel darauf achten, dass jede Hautfarbe, jede Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, etc. entsprechend vertreten wird? Und wenn ja: Darf ich dann in Stardew Valley auch farbige auf meinen Plantagen arbeiten lassen? Oder muss der Entwickler hier ein künstliche Sperre einbauen? Muss ich jede Frau in einen Sack stecken, der möglichst wenig Haut und möglichst wenig Rundungen zeigt, damit ich nichts von Sexismus erzählt bekomme? Dürfen Frauen dann auch niemals mehr in der Opferrolle gesteckt werden? Muss Lego denn unbedingt Jabbas Palast aus dem Sortiment nehmen, weil einige der Meinung sind, er wäre Volksverhetzend [sic!] ?
Sexismus, Rassismus und political Correctness sind für mich in manchen Diskussionen mittlerweile einfach nur noch zu Totschlagargumenten geworden. Es geht einigen eigentlich nicht mehr wirklich darum für die Frauen- oder Menschenrechte einzutreten, sondern nur noch aus Langweile, Egozentrik oder Fanatismus etwas rumzustänkern. Im Fernsehen wird sich munter über Minderheiten, über Religion oder Geschlechter lustig gemacht. Egal ob bei der klassischen Comedy von Barth, Yanar oder Tall oder in Satire-Sendungen wie Extra 3: Es wird vom Großteil der Zuschauer tolleriert (Türkische Ministerpräsidenten ausgenommen). Es wird auch vom Großteil auch tolleriert, wenn 18-jährige halbnackt in irgendwelchen Topmodelsendungen umherstolzieren.
Das soll aber nicht heißen, dass es hier nicht auch viel Kritik gibt. Gerade wenn man mal auf Facebook die Kommentarbereiche der Comedy-Stars durchstöbert, finden sich dort auch sehr viele Kommentatoren, die Sexismus, Rassismus oder sogar Volksverhetzung vorwerfen. Aber anders als in der Gamesbranche, gewähren die Kritisierten hier der schreienden Minderheit keinen Einfluss.
Quellen:
Call of Duty Map vorübergehend aus dem Spiel entfernt
Battlefield 3 ist Tierquälerei
Keine ethische Vielfalt in Stardew Valley
Tracers Po überarbeitet – auf Zeitzeugin.net
Schmuddelhefte in Overwatch entfernt
Kritik an Jabbas Palast
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