Review: Palia – bisher eher enttäuschend

Jahrzehnte lange habe ich einen großen Bogen um Farm-Simulationen und ähnliche Spiele gemacht. Erst Stardew Valley  hatte es 2017 geschafft, meine Interesse zu wecken.
Seitdem habe ich hunderte Stunden in allerhand Vertretern dieses Genres verbracht. So hatte ich vor 2019 sehr viel Spaß mit My time at portia und habe wie Millionen andere während des Lockdowns über Wochen auf meiner Insel in Animal Crossing gelebt. Zuletzt hatte ich eine Menge Freude in Disneys Dreamlight Valley.

Was mich allerdings immer so ein bisschen gestört hatte, war die Einsamkeit in diesen Welten. Denn zwar kann man in allen genannten Spielen Freundschaften mit NPC schließen, diese teilweise auch heiraten und auf dem eigenen Hof beschäftigen. Aber tiefergehende Interaktionen sind nicht möglich. Bei Stardew Valley wurde zwar nachträglich ein Koop-Modus ins Spiel integriert, aber sonderlich lebhafter wurden die Dörfer dadurch auch nicht.

Palia versucht genau dieses Problem zu lösen, weil es eines der ersten MMO in dieser Rubrik ist. Deswegen war meine Vorfreude auch ziemlich groß als ich zum Beta-Test eingeladen worden bin.
Nach gut 20 Stunden Spielzeit macht sich aber ziemliche Ernüchterung breit.

Grafisch altbacken

Das erste was mich schnell auf den Boden der Tatsachen zurückholte, war die Grafik. Die sah auf den bisherigen Screenshots wirklich top aus. Generell bin ich ein großer Fan dieser Comic-Grafik. Ich brauche keine fotorealistische Grafik, um mich wohlzufühlen. Ich halte Genshin Impact z.B. bislang für eines der grafisch besten Spiele der letzten Jahre. Und eigentlich hätte ich anhand der Vorab-Screenshots Palia ebenfalls auf einem ähnlichen Level verortet. Leider glänzt das aktuelle Spiel aber eher durch Matsch-Texturen, schlechte Animationen, wenig Abwechslung insbesondere in Sachen Weltdesign, kaum Effekte und ist größtenteils stark überbelichtet.

Auf diesem Screenshot sieht das Spiel noch relativ gut aus
Hier merkt man jedoch schon die ersten Schwachstellen der Grafik. Was ist das für ein Lilastich?!

Hier sollte also noch eine Menge Arbeit in die grafische Präsentation gesteckt werden. Wie gesagt erwarte ich keine fotorealstische Grafik. Aber gerade die unscharfen Texturen und die starke Überbelichtung stören doch sehr.

Spielmechaniken nur solide

Was das eigentliche Gameplay betrifft, ist das Spiel ganz in Ordnung. Das Housingsystem ist umfangreich. Es gibt verschiedene Berufe, zahlreiche Materialien, Herstellungsketten, Romanzen, Quests, Freischaltbares, etc. Eigentlich alles, was man bei so einem Spiel erwartet. Leider aber in vielen Bereichen viel zu wenig. Es fühlt sich ein bisschen an, als hätte man bei einigen Berufen / Aktivitäten eher auf Sparflamme gekocht. Z.b. kann man in Palia jagen. Das Jagen notwendig, um Fleisch, Felle und Hörner zu sammeln. Bisher gibt es aber gerade mal zwei Tierarten, die man jagen kann und dementsprechend nur wenige Rohstoffe bei der Jagd. Während man sich beim Ackerbau z.B. mit zahlreichen anpflanzbaren Früchten, Bäumen und Gemüse austoben kann, kommt beim Jagen daher bereits nach kurzer Zeit Langeweile auf. Auch andere Berufe wie der Bergbau oder die Forstwirtschaft sind leider sehr langweilig gestaltet.

Die Welt ist grundsätzlich offen und in Handarbeit gestaltet. Aber auch hier gibt es wenig Abwechslung (keine wirklichen Biome), nahezu keine Geheimnisse zu entdecken und stellenweise auch sehr leer. Besonders störend empfinde ich, dass die Welt nicht wirklich plausibel wird. In anderen Spielen reicht bereits ein Blick auf die Karte, um zu vermuten, wo bestimmte Ressourcen zu finden sind: Bäume im Wald, Erze im Gebirge und den Minen, Wildtiere auf den Wiesen, etc. In Palia liegen die Ressourcen größtenteils aber kreuz und quer auf der gesamten Karte verteilt. Oder sind an Orten, an denen man sie vermutet, überhaupt nicht vorhanden: In der Mine fand ich z.B. kein einziges Erzvorkommen. Wildtiere sind auf den Wiesen eher selten zu finden, stattdessen im Gebirge. Gezieltes Farmen von irgendwas ist hier also so gut wie nicht möglich (außer bei Stein und Holz). Stattdessen lautet die Antwort auf die Frage, wo man Ressource XY findet häufig: Überall und nirgends – lauf einfach einmal quer über die Karte anstatt bestimmte Orte zu besuchen. Von dieser Regel gibt es leider nur wenige Ausnahmen. Z.b. findet sich Ton nur südlich von Kilima am Meer.

Insgesamt gibt es aber auch nicht wirklich was in den Gebieten zu entdecken. Hin und wieder eine Schatztruhe und ganz selten mal ein Rezept. Schade. So lohnt sich das Erkunden kaum.

Was ich extrem störend finde, ist die Umsetzung des Hausbaus. Man sammelt und Verarbeitet ersteinmal teilweise mehrere Stunden Rohstoffe für die Konstruktion bzw. die Erweiterung des Hauses und lagert diese dann an der Baustelle ein. Liegen alle Materialen dann am Bau vor, kann die Errichtung beginnen – und die dauert 8 Stunden. Da kommen bei mir dann sofort Browsergame-Vibes auf. Und gerade mit Blick auf das Free to Play Modell und den Shop in Palia habe ich schon starke Bedenken darüber, wohin das führen wird. So etwas macht einfach keinen Spaß und sollte aus dem Spiel gestrichen werden.

MMO-Elemente quasi nicht vorhanden

Am meisten ärgert mich aber, dass Palia ein MMO sein möchte, ohne wirklich sinnvolle Features von MMO einzubauen.
Für mich bedeutet MMO mit teilweise hunderten Spielerinnen und Spieler gemeinsam zu interagieren. Sei es zu Rollenspiel zu betreiben, gemeinsame Projekte anzugehen, sich zu organisieren oder zu bekriegen.
Palia bietet folgende MMO-Elemente:

  1. In den Gebieten außerhalb eures Housingbereiches könnt ihr zufällig auf Spieler treffen. Diese offene Welt ist hochgradig instanziert und auf wenige Leute begrenzt (etwa 30 Stück pro Instanz).
  2. Ihr könnt gegenseitig eure Housing-Grundstücke betreten.
  3. Ihr könnt über Chatkanäle kommunizieren.
  4. Ihr könnt bei euren Freunden Ressourcen anfragen.
  5. Ihr könnt gemeinsam Ressourcen ernten (also z.B. gemeinsam auf einen Stein einschlagen ohne euch gegenseitig die Rohstoffe wegzunehmen).
  6. Ihr könnt eine gemeinsame Gilde gründen.

Das war alles. Kein Handelsplatz, keine gemeinsame Bewirtschaftung einer Farm, kein Tauschhandel mit Rohstoffen, keine gemeinsamen Dorffeste, keine gemeinsamen Dorfprojekte, keine gemeinsamen Familiengründungen, … eigentlich all das, was man von einem MMO in diesem Genre erwartet, funktioniert in Palia nicht. Es gibt nichteinmal einen /say-Chat mit Sprechblasen über den Köpfen der Leute. Wenn ich in dem MMO-Bereich dieses Spieles so eine Feature-Wüste anbiete, frage ich mich, wo da der Mehrwert gesehen wurde, aus diesem Spiel ein MMO zu machen? Es ist irgendwie ziemlich ernüchternd, wenn man mit dem Begriff „MMO“ wirbt und im Endeffekt aber jedes drittklassige mobile Game mehr Interaktionsmöglichkeiten hat als ein Spiel, dass sich MMORPG in die Fahne schreibt.

Fazit

Vertseht mich nicht falsch: Das Grundgerüst ist da und ist ganz in Ordnung. Das Spiel hat Potenzial und macht Stellenweise auch durchaus Spaß. Aber wenn Palia es mit der aktuellen Konkurenz aufnehmen möchte, kommt es einfach mit einem Messer zu einer Schießerei. Und der einzige Unique Selling Point funktioniert einfach nicht. Deswegen hoffe ich einfach, dass da in den kommenden Monate noch einiges an Arbeit einfließen wird. Wieso das Spiel bei einigen Vorabtests auf Spieleseiten so gut wegkommt, kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen.


Kommentare

8 Antworten zu „Review: Palia – bisher eher enttäuschend“

  1. OMG, das ist jammern auf höchstem Niveau. Sie können nicht von einem Spiel erwarten, dass es sofort perfekt ist. Zumal es noch nicht mal fertig ist, darum heißt es ja auch Close Beta und Open Beta.

    1. Ich erwarte von keinem Spiel, dass es perfekt ist. Ich erwarte aber schon, dass es zumindest länger unterhält als 3-4 Stunden. Und die Beta ist für mich kein Argument, wenn Spiele wie My time at portia, Disneys Dreamlight Valley oder Coral Island selbst in ihrem Beta Zustand wesentlich umfangreicher und spaßiger sind.

  2. Avatar von Bärchen
    Bärchen

    Hallo, ich spiele jetzt auch seit ein paar Tagen Palia. Was Phinphin da geschrieben hat, kann ich in großen Teilen bestätigen. Ich bin zwar eher ein Einzelspieler, aber das Problem bei Palia ist, dass im Chat fast nur englisch gesprochen wird. Ich muss leider gestehen, ich kann kein englisch und stehe da meist auf verlorenen Posten.
    Was mich an dem Spiel am meisten stört, wurde in dem Bericht auch schon teilweise erwähnt, man wird einfach vom Spiel allein gelassen. Wenn man was suchen soll, bekommt man so gut wie keine Hinweise, wo sich was befindet. Ich meine nicht, dass man direkt da hingeschickt wird, dass wäre ja nun auch zu einfach, aber wenn ich einen „Zwilling“ finden soll und nur den Hinweis bekomme das er bei den Rollenden Wellen ist, ja dann frag ich mich wo soll ich da suchen. Es gibt auf der Karte nirgends ein Hinweis wo die sein könnten, noch was damit gemeint ist. Auch das mit den Rezepten finde ich schon sehr nervig.
    Auch bekommt man keine Aussage oder Hinweis, was ich mit den ganzen Gegenständen machen soll, die man nicht verkaufen kann. Ich habe , mittlerweile bestimmt an die 40 -50 Kisten da rumstehen und man kann da nichts mit machen. Ebenso sind soviele überflüssige Gegenstände im Lager die man zu nichts gebrachen kann, einem aber nur den Platz da weg nehmen.
    Ich finde es auch sehr schön, dass man da was kochen kann, aber was nutzt mir der beste Ofen und Vorbereitungstisch, wenn ich nicht einmal ein Messer habe um das Fleisch klein zu schneiden, was man ja machen soll. Oder einen Schneebesen zum Umrühren. Auch hier bekommt man nirgends einen Hinweis , wo und wie man sich diese Dinge beschaffen kann, das ist alles sehr frustrierend.
    Ich finde es wirklich sehr schade das man so allein gelassen wird, zumal das Spiel wie schon erwähnt, im Grunde viel Potenzial hat. Ich hoffe nur, dass es noch besser wird, würde es dem Spiel wirklich wünschen.

    1. Ich hoff auch, dass das noch an vielen Stellschrauben gedreht wird. Die grundsätzliche Idee des Spiels ist ja durchaus gut. Ich habe aber die Befürchtung, dass bei Palia einfach das Geld fehlt, um das Spiel wirklich auf Vordermann zu bringen.

  3. In einigen Dingen muss ich dir zustimmen. Die Jagdauswahl könnte durchaus umfangreicher sein.
    Hinter der Farm von Barduu ist sehr viel „ungenutzter“ Platz… dort könnte man freilaufenden Hühner „platzieren“ die man dann fangen kann mit Netzen die man herstellen kann aus z.B. Fasern oder Fasern und Stoff oder Seide (müssen ja nicht Hühner heissen) und die dropen dann jeweils Eier (die man momentan nur bei Zeki käuflich erwerben kann) und Hühnerfleisch.
    Auf diese Weise eröffnen sich dann auch wieder Möglichkeiten für tolle neue Rezepte.
    Man könnte/sollte auch andere Tiere noch reinbringen wie Wildschweine oder auch Vögel, Enten Hasen.. und und und…
    Ausserdem steht in der Mitte auf dem Dorfplatz und auch am Pier bei Einar eine schöne große Werbetafel.
    Dort könnte man Quests von den Bewohnern anbringen die einem dann durch erledigen von deren Aufgaben schwerer zu erhaltene Items geben wie z.B. floating Wood oder Palium. Zeki könnte Glücksmarken für seine Aufgaben anbieten und Reth Nahrung für Fokus etc. etc.
    Dann hätte man was zu tun 🙂
    Was die Massen an Leute angeht, bin ich froh, das es nicht so viele sind.
    Ich musste ja jetzt schon von Switch auf PC wechseln, weil ich einfach nicht mehr auf mein eigenes Grundstück komme… auch niemand anders, der auf der Switch spielt kann mich besuchen. Mehr als 10 Leute an einem Platz und es fängt an zu ruckeln.
    Hat aber auch den Vorteil, das ich jetzt besser chatten kann, denn auf der Switch texten ist einfach nur anstrengend (obwohl ich glaube, das so wie es gemacht ist, schon die bestmögliche Lösung dafür gefunden wurde).
    Die Lichtbugs gebe ich zu sind teilweise.. sagen wir interessant. Bei so manchem Sonnaufgang hat man das Gefühl man ist gerade in Minecraft unterwegs. Wolken wirken eckig und überbelichtet.

    Was die Beschwerde über fehlende Messer oder Schneebesen angeht, kann ich nicht nachvollziehen. Sobald man koch hat man Messer, Schneebesen und CO. automatisch zur Hand und ich muss sagen man schwingt alles recht anmutig 🙂
    Ich muss zugeben, am Anfang brauchte ich ein paar Anläufe beim Kochen, bis mir aufgegangen ist, das man wie im echten Leben auch zwischendurch mal umrühren muss (da wäre ein durchführbares Turtorial sehr hilfreich, das einem zeigt, das man zwischendurch umrühren muss oder auch, das man die nötigen Items wie Messer „gestellt“ bekommt) denn egal welches Rezept… man schafft alles in der vorgegeben Zeit.
    Das einzige.. Frühlingszwiebel.. jetzt neu dabei und noch schneller zu hacken als Hitzewurzel (einfach nichts für mich, verkack ich jedes mal bei)

    Die Gemeinschaft erschliesst sich mir nicht ganz.. hoffe da geht noch was, denn zur Zeit wüsste ich keinen Grund in eine Gemeinschaft einzutreten… ich kann alles erledigen (auch kochen, jagen oder Grove) ohne in einer zu sein.
    Da könnte man dein Konzept aufgreifen, das eine Gemeinschaft ein Dorf oder Hauptquartier aufbaut indem jedes Mitglied Holz, Erze oder ähnliches spendet.. und man sich dann so auch einen Gemeinschaftsshop errichten kann in dem man dann spezielle Items ergattern kann… wie Rezepte, Baupläne oder auch Cosmetis.

    Und JA.. ich vermisse den Handel untereinander. Wo man gebautes oder gesammeltes anbieten kann… tauschen oder für Geld.
    Der eine mags kochen nicht und könnte sich da Essen ertauschen/kaufen der andere geht nicht gerne Erze farmen… würde zumindest der Community gut tun denke ich.
    Und was ich noch sehr vermisse sind Items für den Aussenbreich.
    Wo sind die Hecken, der Flieder, die Rosenbüsche, Sonnenblumen, Sandwege, Pflasterseine etc. etc… fehlt alles zu Zeit noch 🙁

    Ich muss aber auch mal hervorheben, das ich es liebe, das jedes sammelbare Item (Knoblauch, Muscheln, Austern etc.) seine eigene „Musik“ spielt.
    Ausserdem finde ich sehr gut, das man sich hier nicht gegenseitig abschlachten muss um an die verschiedensten Items zu kommen, wie es ja oft in anderen Spielen der Fall ist.
    Und ich hatte schon mit dem Support zu tun und muss sage, mir wurde schnell, kompetent und effizient geholfen.

    Was die Ressourcenverteilung angeht… ich hab da eigentlich nichts zu meckern… ein bisschen schwierig muss es ja sein, sonst könnte man´s ja gleich vor die Tür legen. Wo die Tiere und Erze etc. zu finden sind finde ich eigentlich völlig ok.. nur in einem Punk gebe ich dir Recht… es sollten definitiv mehr Erze in den Minen zu finden sein… viel mehr Erze.

    Ich bin aber gerne in Palia unterwegs und hoffe, das bleib auch noch eine Weile so.

    1. Vielen Dank für deinen wirklich ausführlichen Kommentar. Du hast ja jetzt meinen Eindruck von damals zum Release gelesen. Mittlerweile hat sich sicher einiges getan. Würdest du empfehlen nochmal reinzuschauen? Oder ist vieles immernoch beim Alten geblieben?

      1. Ich glaube ich bin da etwas voreingenommen, da ich das Spiel ziemlich gerne spiele.
        An den Tierarten etc. hat sich bis jetzt nicht viel verändert und auch Quests/Rätsel sind nur ein paar Neue dazu gekommen..
        ABER….
        Ich ich habe den Eindruck, das die dran arbeiten und man von Zeit zu Zeit schon nochmal reinschauen sollte, denn mit jeden Update ändert sich etwas bzw. kommt etwas Neues.

        Hab mir sagen lassen, das wohl demnächst das „Heitraten“ eingeführt werden soll… bin ja mal gespannt.

        Und sorry, das ich so ausschweifend war 🙂

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